Soap&Skin im Blind Date: „Wie kann man Björk nicht gut finden?“
Ein Gespräch über den Masochismus Lana Del Reys, eine prägende Begegnung mit Patti Smith & kitschige Historienfilme.

Bereits auf den vergangenen Alben von Anja Plaschg a.k.a. Soap&Skin fanden sich eigenwillige Interpretationen bekannter Songs. Mit TORSO ist nun ein reines Coveralbum von ihr erschienen. Wir haben uns mit ihr zusammengesetzt und einige Stücke durchgehört.
Björk — „Hunter“
Soap&Skin: Das war Björk mit „Hunter“, oder? Das Album dazu ist HOMOGENIC. Große Liebe. Ich glaube, ich habe Björk zum ersten Mal mit elf gehört und war total fasziniert. Auch von ihren Texten, weil sie so assoziativ schreibt. Damit kann ich sehr viel anfangen, weil meine Arbeit auch immer metaphorisch ist. Wie kann man Björk nicht gut finden, frage ich mich? Dieser enorme Ausdruckswille ist schon beeindruckend.
Du hast auch sehr früh angefangen, dich in elektronische Produktionen einzuarbeiten?
Mein ältester Bruder hat mir Ableton gezeigt, da war ich dreizehn. Er hat mir eine Sample-Library dazu geschenkt. Dann habe ich begonnen zu sampeln und bin in elektronische Musik gekippt in dieser Zeit: Aphex Twin, Autechre – diese Richtung. Das Kammermusikalische und der klassische Background, den ich habe, begleiten mich auch. Aber ein bestimmter Aspekt an der elektronischen Musik ist für mich wie Heimat: in Form von Kälte und Ratio als Klang.
Patti Smith — „Gloria: In Excelsis Deo“
Patti Smith! Ich durfte einmal vor ihr spielen in der Royal Festival Hall in London. Es ist ein sehr prägendes Erlebnis – leider negativ –, weil ich dann mitbekommen habe, dass sie bei meinem Soundcheck not amused war über die Intensität meiner Musik. Ich liebe sie heiß, das hat es nicht zerstört. Und es hat sehr viele Denkprozesse seither ausgelöst. Ich habe auch irgendwann für mich ein Verständnis gefunden, woran das gelegen haben mag. Ich glaube, dass es als Frau in dieser Generation einfach extrem hart gewesen sein muss, in diese Position zu kommen und ich will mir nicht ausmalen, was sie alles durchgemacht hat. Und wenn sich dann eine Achtzehnjährige breit macht und klanglich alle Register zieht als Support – vielleicht ging es ihr auch einfach nicht gut und es war nicht ihr Tag. Aber damals war es schwer für mich.
Dire Straits — „Romeo And Juliet“
Hilf mir, das ist nicht Bob Dylan, oder?
Es sind die Dire Straits mit „Romeo And Juliet“.
Es gab die für mich damals absurde Anfrage, bei „Romeo und Julia“ in einer Theaterinszenierung mitzuwirken als Musikerin und wie sich dann herausgestellt hat, auch als Performerin. Die Inszenierung wurde so gestaltet, dass ich wie der Schatten der Julia bin: Eine zweite Julia auf musikalischer Ebene, immer mit ihr auf der Bühne. Wir haben das Stück über vierzig Mal aufgeführt und abgesehen davon, dass es eine kostbare Zeit und tolle Erfahrung war, am Theater zu arbeiten, haben mich diese regelmäßigen Auftritte mit meinem extremen Lampenfieber, meiner Phobie, nachhaltig gestärkt.
Tocotronic — „Warte auf mich auf dem Grund des Swimmingpools“
Schön.
Hast du es erkannt?
Natürlich, Tocotronic. Uns verbindet eine Freundschaft und ich bewundere ihr Werk und Durchhaltevermögen, ihren Widerstand und ihre politische Message, die so wichtig ist. Es ist einfach eine tolle Band und ich bin sehr dankbar, dass ich die Einladung bekommen habe, mit Dirk ein Duett zu singen. Die Male, als wir es live gespielt haben, waren wunderschön.
Desireless — „Voyage Voyage“
Ich höre das gar nie, außer wenn man irgendwo ist und es läuft zufällig.
Das ist spannend, wenn man bedenkt, dass du den Song schon vor so langer Zeit gecovert hast und jetzt auch wieder für TORSO.
Ja, voll. Meine Version hat sich über die Jahre so geformt und ist gewachsen, dass ich das Bedürfnis hatte, es in dieser neuen Version noch mal zu veröffentlichen. Eigentlich etwas, was ich nicht so gerne machen wollen würde, aber es hat sich so verändert über die Jahre. Und was vielleicht gar nicht so viele wissen: Es war gar nicht meine Idee zu covern, es war für einen Film, in dem ich auch meine erste kleine Rolle hatte: „Stillleben“ von Sebastian Meise, seinem Debüt. Da ist es das Titellied des Films, das die Protagonistin auch wiederholt hört.
Lana Del Rey — „Tulsa Jesus Freak“
Lana! Aber welche Nummer war das?
„Tulsa Jesus Freak“. Du hast sie auch auf deinem aktuellen Album gecovert – wie fiel deine Wahl auf „Gods & Monsters“?
Ich bin natürlich ein Fan. Ich habe den Song schon geliebt, aber fand den Text so schlimm, es hätte sich alles gesträubt, den Eins zu Eins zu übernehmen. Ich habe ihn umgeschrieben und dadurch bin ich auch in die Bredouille gekommen. Er ist nicht auf der Vinyl, denn ich hätte eine Genehmigung gebraucht, aber da war niemand zu erreichen. Zu meiner Interpretation – ich habe die Bedeutung umgekehrt, sodass ich einen Täter anspreche und aus der Rolle des masochistischen Selbst raustrete und triumphiere. Es ist ein bisschen eine Abrechnung für mich mit einer Seite, die auch leider einen Teil meines Lebens mitbestimmt hat.
David Bowie — „Lazarus“
Das ist mein absolutes Lieblingslied auf der Platte. Bei „Star Gaze“, der Interpretations-Tour von BLACK STAR mit Anna Calvi und Lætitia Sadier, haben wir die Songs des Albums neu interpretiert. „Lazarus“ hat Anna Calvi gesungen. Ich habe mich jetzt entschieden „Girl Loves Me“ von Bowie auf TORSO zu bringen.
Was verbindet dich mit Bowie?
Ich muss ehrlich sagen, ich war nie ein großer Fan. Aber das letzte Album hat mich einfach umgehauen. Es war wie seine letzte Inszenierung, das letzte Kostüm, das er sich aus seinem Schrank holt – das Requiem. Alles an dieser Platte, die Instrumentierung, die Texte, ist großartig.
Florence + The Machine — „Seven Devils“
Ist das Florence + The Machine? Es ist tatsächlich etwas, das ich nicht höre. Ich habe es erkannt, weil sie diese markante Stimme hat, aber es ist mir irgendwie immer too much. Ich weiß auch, dass es Überschneidungen gibt von Hörer:innen, die sie toll finden und das auch gerne vergleichen. Die Bezeichnung too much wäre falsch, weil ich liebe Musik, die alles fordert. Aber der Pathos wird nie gebrochen durch irgendwas. Es ist sehr heiße Musik, es gibt keine Widersprüche.
Der Teufel spielt eine Rolle im Titel und bald erscheint auch der Film „Des Teufels Bad“ in den deutschen Kinos.
Der Film ist sehr karg, was ich auch gut finde, denn Historienfilme sind oft sehr kitschig – auch die Kostümierung, jeder ist sehr verkleidet. Es war das intensivste Projekt, das ich hatte in meinem Leben. Auch weil ich die Hauptrolle spiele und die Filmmusik geschrieben habe.
Mehr über Soap&Skin
Anja Plaschg schreibt, komponiert und produziert ihre Musik im Alleingang. Geboren wurde sie 1990 in der österreichischen Südoststeiermark und wuchs auf einer Schweinemastfarm auf. 2009 erschien ihr Debütalbum LOVETUNE FOR A VACUUM. Es folgten mehrere Studioalben, Kompositionen für Film und Theater und Schauspielrollen. Am 21. November 2024 ist der Film „Des Teufels Bad“ in den deutschen Kinos erschienen, für den Plaschg die Hauptrolle übernahm sowie den Soundtrack komponierte.