So viel Liebe


Für Stars dreht sich in der Musik und im Leben alles um das Eine - selbst wenn George W. Bush ins Spiel kommt.

Amy Millan, Mitglied von Broken Social Scene und neben dem Kollegen Torquil Campbell auch die Stimme von Stars, sitzt in einem Berliner Hotel und macht ihr zweites Bier auf. „So lasse ich mir die Arbeit gefallen „, lacht sie. „Das letzte Mal, als ich derart mit dem Album beschäftigt war, also während der Aufnahmen im letzten Winter, waren wir alle in einem winzigen Haus in der Einöde. Es war zu kalt, um rauszugehen, die Wände waren so dünn, daß man im Keller hören konnte, was im ersten Stock gesprochen wurde, und jedesmal, wenn jemand im Nebenzimmer die Stimme senkte, dachte ich, man lästert über mich. Irgendwann war ich richtig paranoid – es war grauenhaft. Glücklicherweise liebe ich alle meine Bandmitglieder so sehr. Und sie mich. Sonst hätten wir uns wahrscheinlich gegenseitig erwürgt.“

Von Liebe hat die Band aus Montreal eine Menge Ahnung. Ihre zauberhafte Popmusik gibt ja schon dem Zuhörer das beruhigende Gefühl, miteinbezogen – ja: geliebt zu werden. Und nach dem zärtlichen heart setzen die vier jetzt noch einen drauf: Hier wird nicht nur geliebt, hier wird gebrannt, lichterloh in Flammen gestanden füreinander. „When there’s nothing leftto burn you have to set yourself on fire“, lautet das Intro zum dritten Stars-Album Set Yourself On Fire. Genau das haben Stars im übertragenen Sinne offenbar gemacht – ohne Rücksicht auf eventuelle Verluste. Die Emotionalität und Intensität, die so erreicht wurden, manifestieren sich laut Amys Worten auf gleich zwei Bedeutungsebenen: „Es gibt die eine, sehr persönliche Seite des Albums“, erklärt sie. „Da geht es darum, zwischenmenschliche Beziehungen, vornehmlich Liebesbeziehungen, in Worte zufassen mit allen Höhen und Tiefen.“ Darüber weiß die Sängerin, die sich während der Aufnahmen von Keyboarder und Partner Chris Seligman trennte, einige Lieder zu singen. „Es war eine harte Zeit für uns beide. Aber wir lieben und schätzen uns noch immer sehr. Das Wichtigste an jeder Beziehung ist eine gewisse Konfliktfähigkeit. Da Chris und ich und auch Torquil und Evan [CranleyJ uns alle so schrecklich lieben und respektieren, geben wir uns natürlich auch Mühe miteinander. Wir lieben die Band, dieses Album und uns gegenseitig genug, um deshalb auch mal stundenlang zu diskutieren. Selbst wenn es anstrengend ist. Ich habe übrigens meistens recht“, sagt sie, kichert und zwinkert mit dem Auge.

Liebe und Konfliktfähigkeit wünschen sich Stars auch vom Rest der Welt, womit die zweite Bedeutungsebene der erstrebenswerte allgemeine Konsens im toleranten Miteinander – ins Spiel kommt. Zwei der Songs richten sich direkt an „einen Mann, der das Prinzip der Konfliktfähigkeit leider noch nicht durchschaut hat“: George W. Bush. So bleibt diesmal neben zuckrig-leisen Tönen auch verhältnismäßig viel Platz für Wut und Gitarren-Feedbacks, alles wird etwas expliziter als noch auf heart.

‚Aber keine Sorge, wie werden jetzt nicht plötzlich zu Bono‘, beruhigt Amy lachend und nimmt einen weiteren Schluck Bier. „Wir wollen nicht zu den Menschen sprechen, sondern mit ihnen. Das ist ein großer Unterschied und ein wichtiger Aspekt von Liebe. „Bei solchen Worten kann man nur zurücklieben. Und mit der passenden Musik dazu ist es alles andere als schwer, für diese Band hell in Flammen zu stehen,

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