So verändert der ASMR-Trend auch die Musikindustrie


ASMR-Videos sind ein Phänomen im Netz und halten auch Einzug in die Werbe-und Musikindustrie.

In der Musik lassen sich immer häufiger ASMR-Merkmale wiederfinden. Sängerinnen wie Billie Eilish sind besonders beliebt in der Szene: Die 19-Jährige ist dafür bekannt, in ihren Songs öfters zu flüstern oder mit ruhiger Stimme zu singen. Auch in der Videosingle „Bury a Friend“ beginnt das Musikvideo mit einem schrillen Geräusch, das an das Reiben an einem Weinglas erinnert. Auch während des Liedes werden immer wieder Töne wie das Treten auf Glasscherben oder ein tiefer langer Bass eingebaut.

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Der Psychologe Craig Richard beschreibt in seinem Buch „Brain Tingles“, in dem er das ASMR-Phänomen analysierte, die Musik der Sängerin und ihre beruhigende Wirkung auf viele Hörer:

Billie Eilishs Gesang vermittelt ein Gefühl der Ruhe, das durch ihren entspannten Gesichtsausdruck noch verstärkt wird. Sie schmettert nicht oder drängt ihre Stimme heraus, ihre Lautstärke ist leise und ihr Ton bleibt gleichmäßig. Ihre Stimme und ihr Auftreten vermitteln ein Gefühl von Komfort und Ruhe, das an ASMR-Künstler auf YouTube erinnert.

Was heißt ASMR?

Der Begriff ASMR tauchte erstmals 2009 im Netz auf und beschreibt Geräusche wie zum Beispiel Flüstern, das Rascheln von Folie oder einfaches Fingertippen auf Buchoberflächen. Das Kürzel steht für „Autonomous Sensory Meridian Response“, zu deutsch: selbstständige, sensorische Meridian-Resonanz. Die Geräusche sollen entspannend auf die Zuschauer von ASMR-YouTube-Videos wirken. Diese Clips erreichen ein millionenfaches Publikum weltweit und mittlerweile bezeichnen manche auch den Flüstergesang von Billie Eilish als „ASMR“.

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ASMR-Videos: Zwischen „Trigger“ und „Tingles“ 

In den YouTube-Videos sind meist Menschen zu sehen, die vor einem Mikrofon simple Geräusche entstehen lassen, die eine große Wirkung auf die Psyche und den Entspannungsprozess des Zuschauers haben sollen. Dabei wird mit flüsternder Stimme gesprochen, mit den Fingerspitzen auf unterschiedliche Oberflächen geklopft („Tapping“), Papier oder Plastik zum Rascheln gebracht („Kringle Sounds“), auf Computertastaturen getippt oder einfach Haare gewaschen oder gebürstet. Schaut man sich in ASMR-Onlineforen um, liest man, dass die Geräuschkulisse als ein Gefühl des Wohlbefindens empfunden wird und ein Kribbeln sowohl im Nacken als auch auf der Kopfhaut verursachen soll. Während die Töne von der Community als „Trigger“ bezeichnet werden, lautet die Bezeichnung des dadurch entstehenden Effekts „Tingles“. Die YouTube-Videos sollen dazu genutzt werden, Stress abzubauen oder als Einschlafhilfen zu dienen.

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Forschungen zum Internetphänomen

ASMR-Videos erzielen nicht nur Millionen Aufrufe auf YouTube, sondern erregen auch die Aufmerksamkeit von Psychologen. Die Studie von den Wissenschaftlern Agnieszka B. Janik McErlean und Michael J. Banissy der James Cook Universität in Singapur und der Goldsmiths Universität in London ergab 2017, dass elf Prozent der Nutzer die Videos schauen, um Angstzustände zu lindern. Zwar steht die Forschung noch relativ am Anfang, doch so haben Wissenschaftler bereits erkannt, dass beim Schauen der Videos gewisse Hirnareale stimuliert werden, die für Empathie und Selbstwahrnehmung zuständig sein sollen. Die Ursache dafür ist jedoch noch unbekannt.

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Zwar überlegt man auch, ASMR-Geräusche in Therapie-Methoden einzubauen, doch ist der therapeutische Nutzen noch nicht ausgereift. Dennoch bewiesen bereits Forscher der Universität Sheffield 2018, dass AMSR-Videos die Herzschlagrate reduzieren kann.

Der Erfolg nimmt zu

Eine der erfolgreichsten ASMR-YouTuber*innen, „Gibi ASMR“, hat mittlerweile 3,37 Millionen Abonnenten und erhält für ihre Videos Klicks im sechsstelligen Bereich. Auch im deutschen Raum finden solche Formate Anklang, so hat zum Beispiel der YouTube-Kanal von „ASMR Janina“ 368.000 Abonnenten und genauso viele Aufrufe wie ihre US-amerikanische Kollegin.

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Angefangen hat das Phänomen unfreiwilligerweise mit Bob Ross. Der Fernsehmaler ist mit seinen Videos viral gegangen, dabei handelte es sich um die Aufnahmen seiner Fernsehsendung „The Joy of Painting“, in dem der Künstler Laien das Malen beibringen wollte. Durch seine sanfte Stimme wurde der aus Florida stammende Maler zum ASMR-Star.

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Diesen Erfolg wollte auch die Werbeindustrie für sich nutzen, sodass Werbespots entstanden, die ASMR-Praktiken nutzten. Der schwedische Möbelkonzern Ikea strahlte 2017 zum Beispiel einen Werbespot aus, in der eine Frau 25 Minuten lang Einrichtungsgegenstände streichelte. Auch Zoë Kravitz machte 2019 Werbung in einem der teuersten Spots– in der Werbepause des Superbowls – für eine US-Brauerei, indem sie das Bier vor Mikrofonen mit ASMR-Technik präsentierte.

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+++ Dieser Artikel ist zu erst auf Rolling Stone erschienen +++