Smashing Pumpkins


ROCKSTARS SIND KOMISCHE WESEN. ERST MACHEN SIE sich jahrelang rar. und dann kennt ihre Spontaneität plötzlich keine Grenzen. Die Smashing Pumpkins sind da besonders extrem: Sie gehen bereits zwei Wochen vor Veröffentlichung ihres neuen Albums „Adore“ auf Tournee. Die erste Station ihrer Europareise ist der Spielbudenblatz auf der Hamburger Reeperbahn. Hier geben die Pumpkins ein Gratiskonzert, das sich zum Volksfest entwickelt. Schon am Nachmittag legen rund 15.000 Leute den Verkehr an der geilen Meile lahm. Spater sind es nach Angaben der Polizei bis zu 25.000. Da das Ordnungsamt den Zapfenstreich auf 21 Uhr festlegt, müssen Billy & Co. schon um 19.30 Uhr auf die Bühne – im gleißenden Sonnenlicht. Bassistin D’Arcy beginnt den Abend mit einer vorsorglichen Ansprache: „Auch wenn ihr viele der Songs nicht kennt, so hoffe ich doch, daß ihr einen tollen Abend habt.“ Damit ist eigentlich alles gesagt: Hier und heute geht es um die Präsentation des neuen Albums, das sich im Pumpkins Set mit acht von 14 Tracks niederschlagt – und überraschend gut ankommt Was sich auf CD extrem ruhig anhört, erweist sich live als doch eine Spur dynamischer. Schließlich wird das Trio von einer Band von internationalem Standard begleitet: von Drummer Kenny Aronoff (John Mellencamp), den Percussionisten Dan Morris und Stephen Hodges (Tom Waits) sowie Keyboarder Mike Carson (David Bowie). Lisa Germano, die eigentlich als Geigerin dabei sein sollte, wurde kurzfristig ausgemustert. Sie war Billy angeblich zu zickig, und eine zickicke Geigerin wollte nicht zum aktuellen Erscheinungsbild der Pumpkins passen, die sich ausgelassener geben denn je zuvor. Da werden Witze gerissen („Hi, wir sind die Scorpions, und das ist ‚Rock You Like A Hurricane'“), wüste Posen geprobt und der direkte Draht zu den Fans gesucht. So fällt es gar nicht weiter auf, daß die Band die erste halbe Stunde mit sieben neuen Songs bestreitet, die – mit Ausnahme der Single „Ava Adore“ – noch keiner kennt. Erst „Tonight, Tonight“ leitet eine kurze Phase an vertrauten Klängen ein: mit „1979“, „Thru The Eyes Of Ruby“und einer Tribal-Version von „Bullet With Butterfly Wings“. Zum Abschluß folgt dann noch eine ungestüme Version von Joy Divisions „Transmission“, die vor allem die Herren vom Ordnungsamt beglückt. Sie messen die vielfache Überschreitung der genehmigten Lautstärke und verhängen ein saftiges Bußgeld gegen den Veranstalter. Die Massen stört das wenig. Selbst als die Band längst verschwunden ist, um einen Flieger nach Mailand (ihre nächste Station) zu erwischen, geht die Sause in Hamburgs Amüsierviertel weiter – so lange, bis auch der letzte Bierstand die Pforten schließt.