Simply Soul
Angefangen hatte alles im Hammersmith Odeon, dem traditionsreichen Londoner Konzert-Palast. Unter dubiosen Umständen waren im Frühjahr einige Nobodies aus Manchester mit dem doch recht unscheinbaren Namen Simply Red zu ihrem ersten Auftritt in der britischen Pop-Metropole gekommen. Und das gleich als „Opening Act“ der James Brown-Show.
Der „Zufall“ erwies sich als Volltreffer. Die versammelte Medien-Prominenz bejubelte vor allem die Stimme von Sänger Mick Hucknall als neue Entdeckung: eine Stimme, die in der Lage ist, einen AI Green-Klassiker mit dem richtigen Feeling zu bringen, die aber ebenso einen Talking-Heads-Song („Heaven“) in völlig neue Dimensionen katapultieren kann.
Überhaupt haben Simply Red ein Faible für Cover-Versionen: Ihre Debüt-Single, die mühelos die britischen Top Ten enterte, ist eine Cover-Version der Valentine Brothers. Mick: „Wir haben den Song bestimmt nicht gewählt, weil es uns an gutem eigenem Material mangelt! Der Song ist einfach brillant! Vor allem der Text trifft den Nagel auf den Kopf: so hart und kompromißlos wie der Alltag und die finanzielle Situation für die meisten Jugendlichen in England, vor allem in Manchester eben ist!“
Dort sah es vor einem Jahr für Hucknall noch ebenso triste aus. Während seines Kunststudiums arbeitete der Blondschopf als DJ, um sich ein Taschengeld zu verdienen.
„Mit derzeit mochte ich die Platten, die ich in dem Laden spielen sollte, immer weniger. Ich mußte etwas Eigenes auf die Beine stellen.“
Mick fand in Keyboarder Fritz Mclntyre und Gitarrist David Fryman zwei Gleichgesinnte aus der Soul-Szene. Verwunderlich ist allerdings, daß die Rhythmusgruppe beinharten Dampfhammer-Funk liefert, der in der direkten Tradition von Sly & The Family Stone anzusiedeln ist. Machte doch dieser Teil von Simply Red vor einem Jahr noch zwei Drittel der ätherischen Avantgarde-Combo Durutti Column aus, die mit sphärischen Klängen auf dem Indie-Label „Factory“ aufhorchen ließen.
Doch das mitreißende Soul-Feeling ihres Sängers ist ohne Frage auf die gesamte Band übergesprungen. Vom Publikum ganz zu schweigen.