Sharon Stone: „Mein Land steckt mitten in der Pubertät“
Auf dem Filmfestival von Turin rechnet die Schauspielerin mit den USA ab
Die Bühne war bereitet für die prominenten Gäste aus Amerika. Die norditalienische Industriestadt Turin weist mit dem Preis „Stella della Mole“ auf ihre Tradition in der Filmgeschichte hin und ehrt damit zugleich Schauspieler und Schauspielerinnen für ihr Lebenswerk.
Ein Stern-Preisträger war Regisseur Alec Baldwin, trotz Kritik wegen der verschleppten Aufarbeitung des tragischen „Rust“-Unfalls. Im Zentrum stand aber Sharon Stone, die ebenfalls eine vielgezackte Trophäe überreicht bekam.
Die 66-jährige nutzte eine nachfolgende Diskussionsrunde zum „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ um auch eingehend auf den Wahlausgang in den USA einzugehen.
„Mein Land befindet sich mitten in der Pubertät“, so Stone. Diese Zeit des Heranwachsens ist sehr arrogant. Die Adoleszenz glaubt nämlich, alles zu wissen. Sie ist naiv, ignorant und arrogant. Und wir befinden uns in unserer unwissenden, arroganten Adoleszenz“.
Ungebildet und außergewöhnlich naiv
Ihrem Gastgeberland diagnostizierte sie, ungeachtet der aktuellen, rechtsnationalen Regierung, eine geschichtliche Reife: „Italien hat den Faschismus gesehen. Italien hat diese Dinge gesehen. Und ihr versteht, was passiert. Ihr habt das schon einmal gesehen.“
Die Situation in den USA sei geprägt von einem Mangel an Bildung und einer nicht vorhandenen Perspektive auf die Welt. „Diese Amerikaner, die nie reisen und denen 80 Prozent keinen Pass haben. Sie sind ungebildet und außergewöhnlich naiv.“
Aus dem MAGA-Lager kam postwendend harsche Kritik an Stone, die im Wahlkampf Trump-Rivalin Kamala Harris unterstützt hatte. In der Tat haben viele US-Bürger keinen Reisepass, doch die Zahl von 80 Prozent ist zu hoch gegriffen.
Ungeachtet dieser Zahlenspiele manifestiert sich in ihren Aussagen vielmehr das krasse Missverhältnis zwischen der Hollywood- und Popmusik-Szenerie und dem sprichwörtlichen „small town america“. Fast alle großen Musikstars – von Eilish, über Swift zu Springsteen – hatten gegen Trump agiert. Doch im Endergebnis wollten viele davon gar nichts mehr wissen.
Die Besinnung, die Stone und ihre prominenten KollegInnen einfordern, geht offenbar am als ungebildet gebrandmarkten Teil der US-Bevölkerung vorbei. „Wir müssen innehalten und darüber nachdenken, wen wir in die Regierung wählen“, so die Schauspielerin. „Und ob wir tatsächlich unsere Regierung wählen oder ob die Regierung sich selbst wählt.“
Alec Baldwin wiederum, der in Turin ein spezielles Screening seines Kriegsfilms „Jagd auf Roter Oktober“ von 1990 präsentierte, tutete in das gleiche Horn. „Amerikaner sind sehr uninformiert, was die Realität angeht“. Sie hätten kein Bock, zu wissen „was wirklich vor sich geht. Klimawandel, Ukraine, Israel … Bei allen großen Themen der Welt reicht der Appetit nur für eine kleine Portion an Information.“