Rory Gallagher 1971


Rory Gallagher 1971. Immer noch derselbe Rory. Er trägt noch immer karierte Baumwollhemden und alte, verwaschene Jeans. Er ist ruhig, ausgeglichen, etwas schüchtern und manchmal beinahe wortkarg. Insofern hat er sich also nicht verändert. Was geschah Jedoch in den vergangenen Monaten, oder genauer gesagt, seit der Trennung der Taste? Rory hielt sich fern von der Öffentlichkeit zuhause in Irland auf, genoss die Stille und Abgeschiedenheit der „Grünen Insel“ und Hess Presse und Fans über seine weiteren Pläne im Ungewissen.

Er liess jedoch nicht, wie es vielleicht den Anschein hatte, tatenlos die Zeit verstreichen, er ruhte sich nicht auf seinen Taste-Lorbeeren aus. Auch wenn man ihn während dieser Zeit nicht in den Konzertsälen erleben konnte, so spielte er doch weiter – für sich selbst. Wer Rory kennt und weiss, dass er die Musik zum Leben braucht, wie die Luft zum Atmen, wird sich das allerdings schon gedacht haben. Er konzertierte sich mehr denn je auf die akustische Gitarre und nutzte die langentbehrte Gelegenheit, sich wieder einmal alle neuen Platten anzuhören. Eine Beschäftigung, zu der ihm während seiner Taste-Periode immer wieder die Zeit gefehlt hatte. Und dann, während seine Umwelt sich noch den Kopf darüber zerbrach, was er wohl als nächstes tun würde, begab sich Rory in aller Ruhe auf die Suche nach neuen Begleitmusikern. Wochenlang wohnte er einer Audition nach der anderen bei, es gab nicht wenig Leute, die sich um einen Job bei Rory beworben. Seine Wahl fiel schliesslich auf zwei irische Musiker: Gerry McAvory (Bass) und Wilgar Campbell (Drums). Warum gerade diese beiden? Rory beantwortet diese Frage folgendermassen: „Es sind hervorragende Musiker, an denen mir besonders gefiel, dass sie so gut aufeinander eingespielt sind. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass sie bereits seit mehreren Jahren zusammen Musik machen“. Im Mai fand eine 18-tägige Tournee des neuen Trios statt, die sie durch England und Schottland führte und auch einen Auftritt im Londoner „Marquee“, dem Ausgangspunkt von Rory’s Karriere, einschloss. Anschliessend gaben sie diverse Konzerte in Irland. Inzwischen hat die Gruppe, die sich übrigens schlicht „Rory Gallagher“ nennt, auch ihre erste gemeinsame LP aufgenommen, die ebenfalls unter dem Titel „Rory Gallagher“ auf dem Markt erschien. Rory, der hier erstmals auch als Producer tätig war, meint dazu: „Ich bin zufrieden mit dem Resultat unserer Arbeit. Das Album enthält zehn Tracks, bei denen es sich ausschliesslich um Eigenkompositionen handelt. Die Auswahl dieser Nummern fiel unheimlich schwer, denn ich hatte so viel Material geschrieben, dass es für ein Doppelalbum gereicht hätte. Die Jungen vom Apple-Studio waren jedoch sehr clever, gemeinsam haben wir in diese Platte so viel reingesteckt, dass sie mehr enthält als gewöhnliche Longplayer“. Ober seine Trennung von den Taste spricht er nicht gern, man merkt ihm an, dass ihm die Affaire ziemlich nahe ge* gangen ist. Heute hofft er, dass die Musik, die er mit Taste gespielt hat, den Leuten Spass gemacht hat, und dass ihnen auch die Musik des neuen Trios gefallen wird. Das Taste-Publikum war immer als aussergewöhnlich enthusiastisch bekannt.

Wie sollte, nach Rory’s Meinung, ein ideales Publikum reagieren? Er sagt dazu: „Zuerst einmal wünsche ich mir, dass recht viele Leute zu unseren Auftritten kommen werden. Wenn sie ruhig dasitzen und nur zuhören wollen, können sie es meinetwegen tun, ich finde es okay. Ich mache mir vor einem Auftritt nie bestimmte Vorstellungen hinsichtlich der Reaktion der Leute. Aber wenn wir wilde, aufpeitschende Musik spielen, dann sollen sie tun, wozu sie Lust haben. Wenn sie verrücktspielen wollen, dann habe ich nichts dagegen. Wenn ich ein paar Leute in der ersten Reihe lächeln sehe, dann bin ich zufrieden. Ich versuche ständig, mein bestes zu geben und bin überzeugt davon, dass die Leute, die mich vorher mochten, mich auch ohne die Taste mögen werden. Ich bin immer noch dieselbe Person, nur viel glücklicher!“ Ja, wie wir schon am Anfang sagten, es ist derselbe Rory. Rory Gallagher 1971.