Roland Emmerich: Rambo meets Bladerunner
Das deutsche Publikum tat sich mit den Fantasy-Vlsionen des Roland Emmerich schwer. Nach "Moon 44" kam dafür der Anruf aus Hollywood: Emmerich ist der neue Regisseur von Sylvester Stallone.
Bei den Filmfestspielen in Cannes fand der deutsche Film dieses Jahr nicht statt. Wieder mal. Kein Beitrag im Wettbewerb, keiner redete vom German Cinema, das seine Ernte ’90 in einem Kino abspulte, in dem vor und nach dem Festival Pornos laufen.
Lediglich ein deutscher Regisseur hätte Grund zum Feiern gehabt. Aber Roland Emmerich aus Stuttgart hielt sich einige Kilometer entfernt in Cap d’Antibes auf. Mit Sylvester Stallone war er in einer Privatmaschine aus Los Angeles eingeschwebt. Star und Regisseur logierten vier Nächte im noblen Hotel Du Cap und plauderten mit Filmverleihern aus aller Welt über ihr gemeinsames Projekt: „Dead Reckoning“.
Emmerich, 34, träumte seit seinem Abschlußfilm an der Münchner Filmhochschule („Das Arche Noah Prinzip“, ’84) von Hollywood. Mit seinem Vater gründete er die Centropolis Produktion und drehte im selbst aufgebauten Studio Filme wie „Joey“ und „Hollywood Monster“. Obwohl sein jüngster Film „Moon 44“ (mit Malcolm McDowell und Michael Pare) von den marktstarken Warner Brothers verliehen wurde, waren in den ersten drei Monaten noch keine 170.000 Leute in die Fantasy aus Schwaben zu locken.
In Amerika war das Echo anders. Carolco Pictures kauften im Januar die US-Rechte und führten „Moon 44“ ihrem besten Pferd im Stall vor: Sylvester Stallone, der mit dreimal „Rambo“ für den Reichtum der Firma gesorgt hatte. Nun wollte er weg von eben dieser Rolle. Ein Fantasyfilm sollte es sein, ein Buch gab’s auch schon, allein der Regisseur fehlte.
Emmerich arbeitet jetzt mit dem teuersten Schauspieler (10-15 Mio. Dollar Gage) und gleichzeitig mit dem Produzenten, der die größten Budgets verpulvert: Joe Silver brachte erst kürzlich „Stirb langsam II“ für die Rekordsumme von 62 Millionen Dollar über die Bühne. – Auch diesmal dürfte es teuer werden. Für den „futuristischen Runaway-Thriller“, so Emmerich, der zu einem großen Teil auf einem Zug spielt, sind enorme Bauten notwendig. Ab Oktober wird gedreht.
Der gewaltige Sprung von Stuttgart nach Hollywood ist ohne ein gesundes Selbstbewußtsein kaum zu bewältigen. Emmerich bringt es mit. Anfangs sei er überrascht gewesen über das Angebot, erzählt er: „Als ich das Drehbuch gelesen habe, war mir klar, daß nur fünf oder sechs Regisseure sowas umsetzen können. Und die anderen hatten gerade keine Zeit.“