"Die Ära der Musikkassette geht zu Ende", "Tod der Kassette", "Adieu Bandsalat!" titelten im Juli sentimentale Feuilleton-Redakteure und verbreiteten nostalgische Elogen über ihre Jugendjahre vor dem Kassettenrekorder, beim Mitschneiden von Radiosongs und dem Erstellen von Mixtapes. Dabei schienen sie etwas verwechselt zu haben.
1. Juli
„Die Ära der Musikkassette geht zu Ende“, „Tod der Kassette“, „Adieu Bandsalat!“ titelten im Juli sentimentale Feuilleton-Redakteure und verbreiteten nostalgische Elogen über ihre Jugendjahre vor dem Kassettenrekorder, beim Mitschneiden von Radiosongs und dem Erstellen von Mixtapes. Dabei schienen sie etwas verwechselt zu haben: Anlass der Nachrufe war die Ankündigung der Firma Pallas in Niedersachsen, dem letzten deutschen Hersteller von MCs, also bespielten Cassetten, sein Kopierwerk zu schließen. Es endete also die Ära „Album auch auf MC erhältlich“ – und auch nur im überschaubaren Europa. In weiten Teilen Asiens und Afrikas ist die Musikkassette weiterhin ein geschätzter Tonträger. Bandsalate aus wiederbespielbaren Audiokassetten werden Analog-Hipster in Zeiten des post-digitalen Retro-Kults aber auch in Zukunft anrichten. Vom tatsächlichen Ende einer Ära durfte man Ende Oktober sprechen, als Sony ankündigte, die Produktion einer höchst popkulturprägenden Erfindung zu beenden, des Kassetten-Walkman. Der Ur-Opa aller „portable stereos“, 1979 eingeführt und auch in Zeiten von MP3 und iPod immer noch auf dem Markt, wird also nicht mehr hergestellt. Die Analog-Retro-Hipster wissen, was jetzt zu tun ist. jols
