Turbostaat
ALTER ZORN
PIAS/Rough Trade (VÖ: 17.1.)
Die friesische Punk-Band zieht in die Großstadt. Spoiler: Auch da ist es eher so scheiße.
Auf dem Cover von ALTER ZORN sieht man einen jungen Mann mit Lederjacke und guter Laune. Es handelt sich um Moses Schneider, der zum Zeitpunkt der Fotoaufnahme wohl Ende zwanzig war. Schneider hat viele Alben von Tocotronic und Turbostaat produziert. Auch um deren neue Platte kümmerte sich der Toningenieur, von dem es heißt, dass er die Live-Energien von Bands meisterhaft einfangen kann. Das ist ihm auch mit diesem Werk gelungen.
AmazonGleichzeitig führt das Cover auf falsche Fährten, denn gut gelaunt wie der junge Schneider wirkt das lyrische Ich in den neuen Turbostaat-Songs nicht. Es geht um Wut, ungebrochenen Pessimismus und eine dystopisch anmutende Gegenwart. Also alles wie gewohnt? Jein: Plattdeutsche Sprüche sind nun rarer und Jan Windmeier singt erstmals über das urbane Treiben, während sich der Vorgänger noch um das Außenlande (Inseln und Marschen vor dem nordfriesischen Festland) drehte.
Jetzt geht es mitunter um Menschen ohne Obdach: „Isolationen“ erzählt von ignorierten Schicksalen, starrgefrorenen Fingern und Drogensucht. Eher kryptisch werden aber auch private Themen wie Trauerbewältigung verhandelt („Jedermannsend“). Dazwischen gibt es konkretere Gefühlsausbrüche: „Es ist einsam hier ohne Dich“, heißt es in „Nachtschimmel“. Musikalisch oszilliert auch dieses Album zwischen lautem Postpunk und rohem Indie-Rock. Die letzten Sekunden auf ALTER ZORN sind hingegen ein überraschender, lauter Lacher aus dem Proberaum. Das war vermutlich Moses Schneider.
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