Soul Structure

True Love

Dingleberry

Post-Hardcore: Nottingham klingt 2016 wie Washington, D.C. in den 80ern.

London ist als musikalischer Underground-Hotspot seit geraumer Zeit so gut wie tot. Der seit letztem Sommer aktive „DIY Space for London“, ein Studio, Konzertvenue und Plattenladen, geführt von einem autonomen Kollektiv, ist das sprichwörtliche gallische Dorf in einer jungen Künstlern gegenüber feindlich gesinnten, profitorientierten Stadt. Das Vorbild für diese Underground-Oase liegt 170 Kilometer nördlich, in Nottingham. Der dortige Laden „JT Soar“ ist das Epizentrum der feinsten DIY-Szene Englands (neben Leeds) und das spirituelle Zuhause von Soul Structure, einem Post-Hardcore-Trio, das den Ethos, aber auch den unwiderstehlichen musikalischen Sog von Genre-Größen wie Fugazi oder Rites Of Spring besitzt.

Auf ihrem 23 Minuten kurzen Debüt­album haben Soul Structure kein Gramm Fett gelassen – keine Overdubs, keine unnötigen Wiederholungen, kaum Zeit zum Durchatmen. Post-Rock-Mittelteile reiben sich schroff an knackigen Knüppel-Rhythmen, Bass und Gitarre spielen mal geradlinig aneinander vorbei, mal verzahnen sie aufs Allerfeinste. Sänger Joe Caithness’ Stimme wankelt prekär an der Klippe zum Überschlagen, seine Texte (so weit sie denn verständlich sind) sind voller tief anrührender Bilder über emotionale Kälte und Angst – „Take my hand, let the weight of a person drag you under“, singt er zum Beispiel im Albumhighlight „Bonnie Broom“, kurz bevor ein lupenreines Arpeggio-Riff einsetzt, auf das Emo-König Mike Kinsella stolz wäre. Ein Rohdiamant von einem Album.