Sophie Hunger
Halluzinationen
Caroline/Universal (VÖ: 4.9.)
Der Songwriter-Pop der Schweizerin bleibt im Fluss.
Ihre Abenteuerlust hat Sophie Hunger davor bewahrt, in einer Komfortzone heimisch zu werden, in der man routiniert Auftritte beim Montreux Jazz Festival und bei „Inas Nacht“ absolviert und irgendwann ein Album mit Orchester aufnimmt. Mit ihrem 2015er-Album SUPERMOON hatte sich die Schweizerin in diesen Kreisen etabliert, ein Aufenthalt in den USA (wo sie Produktionstechnik lernte) sowie der anschließende Umzug nach Berlin-Kreuzberg führten dazu, dass Hunger der Gemütlichkeit keine Chance gab. Stattdessen veröffentlichte sie 2018 mit MOLECULES eine von Elektro-Pop dominierte Platte, produziert von Dan Carey, der diesen Job auch für Black Midi, Kate Tempest, Fontaines D.C. und Goat Girl erledigt.
AmazonMit HALLUZINATIONEN setzen die beiden ihre Zusammenarbeit fort, der Ansatz der Aufnahmen war jedoch ein anderer: Die Songs entstanden in intensiven Sessions in Abbey Road, das legendäre Studio wurde zum Kreativraum, Song und Sound entstanden häufig parallel. Textlich findet Hunger ihre Inspirationen im Unterbewusstsein und in Kellerbars, die Grenzen sind fließend, eine wichtige Rolle spielt eine Prostituierte, mit der sich Sophie Hunger angefreundet hat und die sie „Maria Magdalena“ nennt.
Echte Person oder Alter Ego? Egal. Alles fließt hier: die von Carey arrangierten Rhythmen, die Sprachen, die Bedeutungsebenen. Ein Höhepunkt: Nach Jacques Palminger widmet nun auch Sophie Hunger ein Lied der „deutschen Frau“, in „Rote Beeten Aus Arsen“ textet sie: „Deutsche Frau, du bist ganz genau, wenn du deinen Käfig misst. Deutsche Frau, du, du bleibst dir treu, selbst wenn es deine Seele frisst.“