Pet Shop Boys :: The Most Incredible Thing

Learning By Doing mit den Pet Shop Boys: Nach Musical und Stummfilm vertonen Neil Tennant und Chris Lowe jetzt die Ballett-Adaption eines Märchens.

Von der Veröffentlichung eines Greatest-Hits-Albums kurz vor dem Weihnachtsfest, so munkeln die einschlägigen Blogs, seien die Pet Shop Boys nicht allzu begeistert gewesen – nicht nur, weil die Kopplung reizlos zusammengestellt wurde, sondern auch, weil jetzt das nächste Werk der Briten ansteht. Dass das deutlich ambitionierter ist, überrascht kaum. Immerhin dürfte spätestens seit der Neuvertonung des Sergej-Eisenstein-Stummfilmklassikers „Panzerkreuzer Potemkin“ (uraufgeführt 2004 auf dem Londoner Trafalgar Square) klar sein, dass die Pet Shop Boys ein Interessens-, vor allem aber ein Wissensgebiet haben, das den Horizont, den man bei einer Popband vermutet, bei Weitem übersteigt. Die musikalische Begleitung zu einer Ballett-Adaption eines Hans-Christian-Andersen-Märchens ist somit zumindest, was die Rahmendaten angeht, nur eine mittlere Überraschung. Ob musikalische Erwartungshaltungen erfüllt werden, liegt im Ohr des Hörers. Wer Tennants und Lowes Vertonung von „Panzerkreuzer Potemkin“ schätzte, kann beruhigt zugreifen. Diejenigen, die die Pet Shop Boys vor allem für ihre Popmelodien und die kristallklaren Vocals schätzen, mögen enttäuscht sein, weil Melodie und Gesang hier natürlich anders eingesetzt werden als auf einem klassischen Studioalbum. Vorhanden sind sie mehr als nur in Spuren, nachzuhören im sehr klugen „Physical Jerks“, einem Hybride aus Future Funk, Elektro und breit inszenierter Klassik, in „Risk“ und im abschließenden „The Wedding“, das geschickt mit der eigenen Vergangenheit spielt. Dass dennoch etwas fehlt und die Streicher manchmal so wuchtig losstreichen, dass man als Hörer unvermutet Blicke und Gedanken zu eventuellen Nebenbeschäftigungsgebieten schweifen lässt, liegt in der Natur der Sache: Ballett funktioniert ohne Tänzer eben nur leidlich. Bitte, liebe Plattenfirma: bald eine DVD nachschieben.