Ocean Colour Scene :: Moseley Shoals

Vom vor Authentizität bebenden Modrock zum Altherrenmuff in nur zehn Jahren; von den besseren Oasis zu den schlechteren Creedence Clearwater Revisited – das ist die Geschichte von

Ocean Colour Scene

. Als die Band um Ausnahmestimme Simon Fowler 1996 ihr zweites Album

MOSELEY SHOALS

– eine doppelte Anspielung auf die Birmingham-Vorstadt Moseley und die Heimat zahlreicher 60s-Soul-Studios Muscle Shoals, Alabama – veröffentlicht, fängt sie den Hörer dort auf, wo ihn „Champagne Supernova“, legendärer Closer des Gallagher-Großwurfs (WHAT’S THE STORY) MORNING GLORY? enthusiasmiert zurücklässt. Mit dem unschlagbaren Dreierpack „The Riverboat Song“, „The Day We Caught The Train“ und „The Circle“ zu Beginn zelebriert die Band die heiligen Tage von The Jam, als ob es Synthiepop und Eurodance nie gegeben hätte. Die Textzeile „When you find that things are getting wild, don’t you want days like these…“ konserviert den nostalgischen Spirit des alle Freiheiten verheißenden Britpop für immer. Das dreckige „40 Past Midnight“ paart den Stones-Klassiker „Let’s Spend The Night Together“ mit Südstaaten-Sumpfblues, das treibende „You’ve Got It Bad“ pumpt Schweißströme aus den Bassboxen und das knapp acht-minütige Epos „Get Away“ zeugt schließlich von einer Lebenserfahrung, wie man sie nur einem mit allen Wassern gewaschenen Hundertjährigen zutraut. Kurzum: Mit den zwölf Songs von

MOSELEY SHOALS

schuf sich

Ocean Colour Scene

ein Denkmal, das sie nach dem noch sehr guten Nachfolger MARCHIN‘ ALREADY räudigen Straßentauben gleich selbst versauen sollte.Denn die Probleme, die

Ocean Colour Scene

wohl zeitlebens Uncoolness verschaffen werden, liegen nicht nur darin begründet, dass die unszenigen Scenesters einfach keine Indie-Pin-Ups sind und waren, keine Liams, keine Damons und erst recht keine Bretts. Schwerer noch fällt der Fluch ihrer technischen Raffinesse ins Gewicht, die anno 1996 immer noch haarscharf an den Eagles vorbeischrammte, ihr Talent für große Melodien aber bald überholen sollte. Heute geht die Band auf biedere Akustiktourneen, verpasst ihren Hymnen ein ekliges Unplugged-Gewand und hält sich finanziell mit einer Überflut an Greatest-Hits und Live-Compilations am Leben. Neben den Leidensgenossen Kula Shaker werden

Ocean Colour Scene

in zehn Jahren wohl Einladungen zu absurden Oldie-Revuen auf Großraumparkplätzen vor britischen Einkaufszentren im Nahverkehrsbereich annehmen. Spätestens dann sollte man sich dort durch den Hintereingang Zugang zur Tonträgerabteilung verschaffen und mit weinendem Auge

MOSELEY SHOALS

aus der Wühlkiste graben. ’96 war wie ’69 – es hatte einfach nur in dem einen Jahr Bestand.

Stephan Rehm – 15.10.2007

Ocean Colour Scene gibt es bei