Album der Woche

Kruder & Dorfmeister

THE K&D SESSIONS

!K7 (VÖ: 25.10.)

Immer mit der Ruhe: vernebelter Downbeat für tatenlose Sonntage. Fast legendär.

Die Neunzigerjahre sind vor allem als überdrehtes Jahrzehnt in Erinnerung geblieben. Inmitten eines Eurodance-Revivals und strasssteinbestickter Y2K-Nostalgie auf allen Kanälen wirkt ein Reissue von THE K&D SESSIONS deshalb gleich doppelt aus der Zeit gefallen. Einerseits, weil die um sechs Bonus-Stücke erweiterte, neu gemasterte „25th Anniversary Edition“ eigentlich 26 Jahre nach der Erstveröffentlichung im Oktober 1998 erscheint. Andererseits, weil sie auf eine 5-LP-Neuauflage von 2022 folgt.

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Die Geschichte dieser Remix-Sammlung ist allerdings eine der Superlative. Ihr gingen die Wahnsinnserfolge der EP „G-Stoned“ und ein Mix für die damals noch junge „DJ-Kicks“-Serie voraus. Als Peter Kruder und Richard Dorfmeister eines Tages von einem Journalisten gelöchert wurden, wie sie bitteschön ausverkaufte Gigs spielen könnten, obwohl sie lediglich eine einzige, knapp ein halbes Jahrzehnt zurückliegende Veröffentlichung mit Eigenproduktionen vorzuweisen hätten, nagte das an den beiden – hatten sie in den vergangenen Jahren doch fleißig Credits als versierte Remixer gesammelt. Kurzerhand stellten sie ein paar ihrer Neubearbeitungen von Rap- und Club-Tracks zusammen.

Tatenlose Sonntage oder die Afterhour lassen sich damit weiterhin bestens beschallen

Dabei handelte es sich genau genommen um neue Stücke, die um die Vocals der Originale herum geschrieben wurden: von Acid Jazz und Drum’n’Bass, Bossa Nova und Downbeat inspirierte Musik mit eigener Handschrift und fremden Stimmen. Das kam gut an: Ende der Neunzigerjahre gehörte die Doppel-CD zu jedem studentischen Haushalt wie das obligatorische Billy-Regal, fasste es ein dem Journalisten Sven Gächter zugeschriebenes Bonmot zusammen. Kruder & Dorfmeister hatten den Erfolg nicht erwartet und freundeten sich auch nicht mit ihm an. Interviews gaben sie selten, Remix-Aufträge von Herbert Grönemeyer, Sade oder David Bowie lehnten sie ab – nichts für ungut, aber gerade wird’s uns a bisserl zu viel.

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Auf der verspäteten Jubiläumsausgabe von THE K&D SESSIONS erinnert nun ein halbgarer ­Madonna-Remix daran, dass die gelegentlichen Flirts mit dem Mainstream auch nicht immer in der großen Liebe endeten. Mit Ausnahme des „Powercut Mix“ von Roni Size’ „Heroes“ ist das im 6-LP- beziehungsweise 3-CD-Format enthaltene Bonus-Material dann auch wirklich entbehrlich, die Perlen stecken bereits allesamt im Original. Das hat wenig von seiner vernebelten Strahlkraft verloren, wirkt geschmackssicher wie eh und je. Tatenlose Sonntage oder die Afterhour lassen sich damit weiterhin bestens beschallen. Am interessantesten an dieser Jubiläumsausgabe ist aber wohl der Kontext. Aus einer allgemeinen Nostalgie für die Immer greller-immer-schneller-Mentalität der Neunzigerjahre heraus setzen ­Kruder & Dorfmeister damit zum zweiten Mal einen sonderbaren Kontrapunkt zum Zeitgeist.

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