John Maus
Screen Memories
Ribbon Music/Domino/ GoodToGo (VÖ: 27.10)
Avant-Pop aus der schwer decodierbaren Referenzhölle. Das vierte Album von John Maus.
Der wohl größte Fehler in der Rezeption von John Maus ist, seine Musik einfach dem Synth-Pop-80s-Revival der späten Nuller– und frühen Zehnerjahre zuzurechnen. Und es dabei zu belassen. Maus macht nicht nur Meta-Musik, also Musik, in der Musik verhandelt wird (die unremembered eighties, Renaissance- und Barock-Musik), sondern stellt auch existenzphilosophische Fragen – was zusammen eine radikale Neuerfindung von Pop bedeutet. Sechs Jahre nach WE MUST BECOME THE PITILESS CENSORS OF OURSELVES kommt nun sein viertes Album, SCREEN MEMORIES. In der Zwischenzeit hat sich John Maus seiner akademischen Karriere gewidmet und diese mit dem Doktor der Politischen Philosophie abgeschlossen.
Auf dem neuen Album gibt es auch Synth-Pop, Barockmusik mit den Mitteln der Soundtrack-Musik der 80er-Jahre gespielt, hymnische Synthesizer-Fanfaren, polyphonen Synth-Flächen-Overkill. „Find Out“ kippt rüber in einen klapprigen Postpunk-artigen Song, inklusive Gitarrensolo. Was noch neu ist auf SCREEN MEMORIES: Mindestens die Hälfte der zwölf Songs sind, ungeachtet des verhallten (hier leicht reduzierten) Wohnzimmer-Charmes, echte Pop-Hits, die ein halbwegs aufgeschlossener Mainstream für sich entdecken müsste. John Maus ist eines der seltenen Originale in der gegenwärtigen Popmusik. Er definiert Pop neu und bedient sich dabei einer schwer zu decodierenden Referenzhölle. Besser kann man es 2017 nicht machen.