DJ Koze
Knock Knock
Pampa/Rough Trade
Der Elektro-Psychedeliker packt Stimmen wie die von Justin Vernon oder Róisín Murphy sonst wohin. Richtig zu greifen ist das kaum noch.
Es gibt Romane, die von realen Personen bevölkert werden und trotzdem eine fiktive Geschichte erzählen. „Baudolino“ von Umbert Eco ist so einer, da geht’s um Kaiser Barbarossa, Manuel I. von Byzanz und Papst Alexander III. – alles historische Persönlichkeiten des 12. Jahrhunderts. Doch dann gibt es da den Titelhelden, eine erfundene Figur, die – so will es Eco – jedoch für die gesamten geschichtlichen Bezüge verantwortlich sein soll.
Die Literaturkritik nennt so was einen Schelmenroman. DJ Koze ist auch so ein Baudolino. Okay, Stefan Kozalla gibt’s auch in echt, aber als Koze entzieht er sich schon länger der Wirklichkeit, spätestens ab dem magischen AMYGDALA war sein Dasein nicht mehr zu beweisen. KNOCK KNOCK versammelt eine Menge historisch belegbarer Stimmen, die wir so gut kennen, weil sie unsere musikalische Sozialisation geprägt haben.
Speech von Arrested Development, die Mitte der 90er den Sommer bespielt haben. Kurt Wagner von Lambchop, dessen Brummeln im Winter die Heizung ersetzte. José González, zu dem wir erst knutschten, dann weinten. Róisín Murphy, die uns zu guten Tänzern machte. Und Justin Vernon. Sie alle – und noch mehr – tauchen auf den Tracks von KNOCK KNOCK auf, sie dürfen sie selbst sein, aber sie geraten in diesen Koze-Strudel, der ihre Stimmen in diese unwirkliche Pampa-Welt entführt. Hier ist House psychedelisch, Funk ambienthaft, Pop unnahbar, Folk verloren, Shoegaze sexy. Beim ersten Durchlauf von KNOCK KNOCK wundert man sich noch, dass abgesehen vom straighten Discoding „Pick Up“ die offensichtlichen Banger fehlen. Ab dem zweiten ist man selbst ein willenloser Teil dieses Schelmenstücks.