Der junge Karl Marx :: Regie: Raoul Peck
„Das Kapital“ von Karl Marx war ein großer Wurf. Tja, das Biopic über die frühen Jahre des Philosophen ist das Gegenteil davon.
Bevor wir mithilfe des Films in die Vergangenheit schauen, wagen wir doch mal schnell einen Blick in die Zukunft. Also in einem Jahr, von jetzt aus gesehen: Treffen sich ein paar Filminteressierte und sprechen über die Höhen des Kinojahrs 2017. Sie werden gleich zu Beginn ausgelassen über „Der junge Karl Marx“ schwärmen. Über die stilistischen Kniffe, über die Genialität auf ganzer Linie … Okay, okay, das war natürlich ein schlechter Scherz. Niemand wird über dieses Biopic reden. Schon in einem Monat wird keiner mehr einen Gedanken daran verschwenden.
Allein über den Inhalt zu sprechen, ist so bereichernd wie Herpes. Wir starten Anfang der 1840er-Jahre und gucken uns erst einmal ausgiebig das ärmliche Leben des 25-jährigen Karl Marx (jung geblieben: August Diehl) und seiner Frau und größten Unterstützerin Jenny (Vicky Krieps) an. Im Pariser Exil lernen sie dann Friedrich Engels (Stefan Konarske) kennen. Marx hat bereits Engels’ Ausführungen zur niederschmetternden Lage der englischen Arbeiterklasse gelesen und schätzt diese sehr – genauso wie Engels die revolutionären Ansichten von Marx schätzt. Von einer Freundschaft auf den ersten Blick kann trotzdem keine Rede sein. Doch nach dem ersten Besäufnis steht es fest: diese zwei werden doch noch durch dick und dünn gehen. Auch wenn sie die meiste Zeit räumlich getrennt sind, schreiben sie sich regelmäßig. Zusammen mischen sie die Intellektuellen Europas auf und gründen bald den Bund der Kommunisten. Mit ihrem Kommunistischen Manifest sollen sie dann den Stein erst so richtig ins Rollen bringen.
Die Inszenierung: Langeweile galore
Den Rest kann man ja bei Wikipedia nachlesen. Aber nachdem man erst einmal an die zwei Stunden bei diesem drögen Geschichtsstück drangeblieben ist, merkt man mal, wie kostbar die eigene Lebenszeit eigentlich ist. Was so schlimm an „Der junge Karl Marx“ ist? Dass sich scheinbar überhaupt kein Kopf über irgendwelche erzählerischen oder visuellen Feinschliffe Gedanken gemacht wurde. Keine Schnörkeleien. Hier gibt es echt nichts zu holen, nichts zu sehen, nichts zu fühlen.
Mag sein, dass diese Art der Inszenierung ganz fantastisch im Theater funktioniert hätte. Und auf dem Papier sind die Sätze mit den vielen Substantiven, die Marx und Engels von sich geben, sicherlich an Brillanz kaum zu übertreffen. Aber genau wegen ihrer Ausgefeiltheit wirkt selbst ein August Diehl manchmal so, als müsste er gerade einen Text vor einer Schulklassen vorlesen. Holprig ist das.
Wer jetzt noch Bock hat, „Das Kapital“ mit seiner Kritik der politischen Ökonomie zu lesen, der ist Masochist. Oder kann gut abstrahieren und weiß, dass alles – wirklich alles – ein angenehmerer Zeitvertreib wäre, als diesem faden Biopic zu folgen. Und damit diese Review nicht ganz für die Katz war, noch ein inspirierender Spruch zum Schluss: Im Film heißt es, wir sollen nicht immer nur interpretieren, sondern selbst anfangen zu verändern. Word.
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