Conor Oberst
Conor Oberst
Der arme Kerl! Ein wenig wirkt es, als würde dieser Conor Oberst zeitlebens davonlaufen – vor den extrem hohen Ansprüchen, die das ehemalige Americana-Wunderkind mit seinen frühen Meisterwerken selbst geweckt hat. Was konnte nach LIFTED… noch kommen? Gleich zwei Alben auf einmal, klar. Und was folgte auf den Doppelschlag von DIGITAL ASH IN A DIGITAL URN und I’M WIDE AWAKE IT’S MORNING? Ein erstmals wieder auch künstlerisch entspanntes Werk, das manchen Fans schon wieder allzu entspannte CASSADAGA, Omaha goes Nashville, naja, wenn’s denn unbedingt sein muss. Immerhin: Anstatt sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, fügt der noch immer junge Mann seinem Kränzchen regelmäßig neue Zweige hinzu. CONOR OBERST, zusammen mit einer Gruppe befreundeter Musiker in der mexikanischen Diaspora aufgenommen, kehrt wieder zu den Do-It-Yourself-Wurzeln zurück – und kann doch die Reifung des Künstlers nicht vergessen machen. Wie ein guter Freund, der leider ein paar unverständliche Angewohnheiten hat, nervt Oberst erneut mit austauschbaren Country-Standards („I Don’t Want To Die In The Hospital“), die womöglich einmal Klassiker sein werden, was aber den Country-Verächter kaum interessieren dürfte.Daneben aber blüht, perfekt produziert von Andy LeMasters (Now It’s Overhead), wieder die große Kunst der kleinen Indie-Kostbarkeiten auf – und zwar immer dann, wenn Oberst weitgehend mit seiner Stimme und seiner akustischen Gitarre alleine ist, wenn er clever rhythmisierte Textzeilen wie „victory is sweet even deep in the cheap seats“ förmlich ausspuckt („Cape Canaveral“) oder endlich mal wieder dem Folk seine Aufwartung macht („Lenders In The Temple“). Das ist kein neuer Bob Dylan und kein neuer Bruce Springsteen, sondern ganz der alte Conor Oberst, der vielleicht talentierteste Songwriter seiner Generation. Einen besseren und ganz anderen Oberst bekommt nur, wer zu seinem geheimen, experimentelleren Meisterwerk DIGITAL ASH IN A DIGITAL URN greift. Hinter dem vielgelobten CASSADAGA jedenfalls steht hier nichts zurück, wenngleich die adoleszente Dringlichkeit und „teenage angst“ seiner frühen Werke nicht erreicht wird. Es ist ihm in den vergangenen Jahren ja auch nicht wirklich schlecht gegangen, dem armen Kerl.
Arno Frank – 07.08.2008
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