Charlotte Gainsbourg – IRM :: VÖ: 11.12.

Der vor ein paar Wochen im Internet vorab verschenkte Song, der heißt wie das Album, führt nicht zum Kern dessen, was dieses dritte Album der Tochter von Serge Gainsbourg und Jane Birkin ausmacht. Das ist ein wenig schade, weil „IRM“ ein wunderbar sperriges Elektrokraut-Stück ist, in dem Charlotte die Nico gibt und Beck den aktuellen Sound von Portishead nachbaut. Das Meiste vom Rest von IRM ist eine klassische Säuselplatte, wie sie in Frankreich eine eigene Tradition hat: Frauen, gerne Schauspielerinnen, die über ein eher überschaubares Gesangsnotenspektrum verfügen, nehmen romantische, sinnliche, bisweilen mit Absicht apathische Säuselplatten auf – Männer rollige Rauneplatten. Und mit Beck Hansen, dem großen Pop-Eklektiker und überzeugten Sergeianer, hat Charlotte nach Air, mit denen sie ihren Vorgänger 5:55 (2006) eingespielt hatte, den nächsten pertekten musikalischen Partner und Produzenten gefunden.

IRM atmet sehr viel Serge, lässt die Bollerbässe knacken, Chöre und Streicher schwirren und schwelen, IRM setzt spannende rhythmische Kontrapunkte und verrät insgesamt eine große Kennerschaft und Sensibilität im Fach des Popchansons. Ähnlich wie z. B. die immer noch unterschätzte Keren Ann verfolgen Charlotte und Beck den Weg des oft ein wenig zu selbstverliebten Genres zurück bis in die 60er, um dort die alten Verbindungen zum Blues und zum Rock, zu den Beatles, zu Velvet Underground und Lee Hazlewood wieder aufzunehmen und ihm so neues Leben einzu-, genau: hauchen. Dass der fast übereifrige Arrangeur Beck dabei gelegentlich etwas übertreibt, eklektischer Pop ohnehin wenig geeignet ist, die Herzen zu erreichen, sich eine Platte wie IRM letztlich sogar dazu bekennt, ihrem Hörer nichts anderes als Kurzweil zu bescheren, spricht nicht gegen diese Platte. Sie weiß sehr genau, was sie will.

www.charlottegainsbourg.com