Chaostage – We Are Punks! :: Über den Kampf ins Spiel

Fear and loathing in Hannover: immer auf die Fresse.

Männliche Selbstdarstellung unterliegt offenbar einer gewissen Linearität: Deutsche Opas schwadronierten über Tobruk und Charkow, die Papas über den Schahbesuch, und die Söhne feiern ihren Heldenmut mit Kriegsberichterstattung aus der niedersächsischen Landeshauptstadt. „Diese Geschichte hat keine Moral“, lautet das Schlusswort von „Chaostage – We Are Punks!“, und weil das so ist, stehen Sinn und Unsinn der Kampfhandlungen auch gar nicht zur Debatte. Man war dabei, das genügt, und alles war ein Riesenspaß. Sagen zumindest die Veteranen, deren Kurzinterviews die laufende Spielfilmhandlung ergänzen. Letztere erfreut mit einem genialen Coup: Claude-Oliver Rudolph und Martin Semmelrogge in Polizeiuniformen zu stecken, ist wunderbar. Und wie bei jedem anständigen Actionfilm gibt es das Gute und das Böse. Gut sind Punkrock, Bier und Sex, böse sind Bullen, Nazis und Spießer. Aber halt! Ein Hauch von Differenzierung weht durch Tarek Ehlails Film, denn einen netten Wachtmeister gibt es auch. Politisch korrekte Aufarbeitung bundesdeutscher Straßenkampfgeschichte ist „Chaostage“ ohnehin nicht. Der Film ist Punk. Nicht Punk der aufgeklärten, engagierten und mittlerweile bürgerlichen Sorte, sondern der grundsätzlichen, nihilistischen und alkoholisierten. Die Musik von Alec Empire ist Punk. Die auswendig gelernt klingenden Dialoge der Laiendarsteller sind Punk. Und die Filmpremiere in Hannover war auch Punk, weil es prompt mal wieder abging zwischen den Menschen in den grünen Jacken und denen mit den grünen Haaren. Lustig ist es, wenn Rolf Zacher als „Tagesthemen“-Kommentator das Recht auf diese Haarfarbe dialektisch abwägt, lustig ist auch, wenn Helge Schneider Volkes Stimme karikiert: „Also wenn das meine Kinder wären, ich glaube, ich würde die töten.“ Genau. tue Schleifenbaum „Also, wenn du mich fragst. Aber mich fragt ja keiner.“ www.chaostage-film.de