BobbyAndBlumm

A Linie Big Sound OfA Handshake/’MorrMusict’Indigo

3,5

Neues aus der Welt stiller Wasser: Diese Popmusik will formvollendet tröpfeln Fließen. Tröpfeln. Ein Wogen wird es nie. Ein Rocken schon gar nicht. Die Musik von Bobby (Gesang) und Blumm (Gitarre) ist am besten mit dem Vokabular aus der Welt stiller Wasser beschrieben, Tümpel, kleine Flüsse, ein kaputter Hahn. Aufdringlich will hier garantiert nichts sein, Bobby und Blumm arbeiten an einer Popmusik größtmöglicher Dezenz, und man kann ihnen dabei zuhören, ohne rot zu werden. Wie sie Stück für Stück einen Song auf die Beine kriegen. Bobby (Ellinor Blixt) schiebt ihre Stimme vorsichtig an den Gitarrenfiguren von (Frank Schültge) Blumm vorbei und findet doch immer wieder zum Hauptstrom zurück. Oder zu den Orten, wo beide, im Gesang vereint, die Ritzen in den Melodien von Orgel, Bass und Gitarre Verfällen. Man sollte die elf Songs laut aufdrehen, um die Klänge mitzunehmen, die Klangqualitäten und Räumlichkeiten. Indietronics hat man das noch vor ein, zwei Spielzeiten genannt, aber das hört sich elektronischer an, als es ist. Es ist Tröpfel-Pop. Beinahe Jazz. Eine Liebeserklärung an die Melancholie. Und ein Himmelreich für Detailjäger.

Frank Sauatzki VÖ: 16.4. www.morrmusic.com

Booka Shade More! Get Physical/Coop/Universal 3,5 Zeitgemäße Gebrauchsmusik auf hohem Niveau. Du darfst auch EJeCtrO-Rave für den Hausgebrauch dazu sagen.

Gäbees eine Urkunde für absolvierteDien&tjahre in der Popmusik, stünden Walter Merziger und Arno Kammermeier wahrlich nicht schlecht da. Seit 20 Jahren sind die Berliner auf allen Techno-, House- und Trance-Autobahnen unterwegs. Ein Weltunternehmen mit Homebase am Prenzlauer Berg. Auf der „Rock am Ring“-Bühne haben sie der Metallica-Gemeinde noch einmal das Headbangen beigebracht. Bei solch einem Crossover-Potenzial überrascht doch die für das Jahr 2010 ausgegebene Devise „No Compromise“. Das heißt bei Booka Shade: Alles auf Null. Alles, was Merziger und Kammermeier bei der Produktion irgendwie altbekannt vorkam, weil es irgendwo in den Gigabytes auf ihrem Rechner schon existierte, wurde sofort wieder aus dem Soundspeicher für MURE! verbannt. Nun spielt einem die Erinnerung ja gerne mal einen Streich, oder wissen Sie noch, was sich in den letzten beiden Megabytes auf ihrem hübschen kleinen PC zuhause so alles befindet? Aber nicht nur deswegen möchten wir doch behaupten, dass das hier keine Neuerfindung irgendeiner Art ist. MORE! hört man das Finetuning aber immer an, Booka Shade kitzeln die Melancholie aus den Synthies und zerschnippeln die Beats an den richtigen Stellen, sie haben Dieter Meier (Yello) als Alien engagiert und mit Soft Cell ein bisschen Wortpingpong gespielt im Eröffnungstrack „Havanna Sex Dwarf“. Sie sind gekommen, der alten Oma Techno ein frisches Design zu schenken, entstanden ist dabei zeitgemäße Gebrauchsmusik auf hohem Niveau. Electro-Rave für den Hausgebrauch. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.