Bitte nicht tanzen!

So einfach geht das manchmal: Chloé Thevenin, Tochter einer Engländerin, die in den 60ern in London Platten aufgelegt hat, wächst wohlbehütet in Paris auf. Irgendwann entdeckt sie Mutters Vinylsammlung, spielt ein wenig am Plattenspieler rum, fängt an, selbst aufzulegen, Frensch-House. 2002 veröffentlicht sie die erste Maxi „Erosoft“, mittlerweile ein Klassiker des 00er-Jahre-Techno. Und schon ist Chloé eine der bekanntesten DJs Frankreichs.

Ihre DJ-Sets folgen nicht dem bequemsten Weg, weil sich Chloé nicht den Erfordernissen des Zeitgeistes unterwarf – seinerzeit nicht dem Diktat des französischen Filter-House, heute nicht dem des Minimal-Techno. Mit ihrem Debüt THE WAITING ROOM im Jahr 2007 hatte sich Chloé zwischen allen Stühlen positioniert. Die seltsame Musik mit ihren artifiziellen Sounds zwischen elektronischer und akustischer Instrumentierung überschritt die Grenzen der Tanzfläche. Dabei war ihr Studium der elektro-akustischen Musik am Konservatroium Ircam nicht unbedingt von Nachteil. Wer Chloés bisherige Arbeiten gekannt hat, durfte sich zumindest wundern. Die Uneindeutigkeit, das Hinterfragen von allgemein gültigen Positionen – auch der eigenen – gehört zum Selbstverständnis der 33-Jährigen, das sie zu einer sanften Provokation ausweitet, indem sie die Gesetze des Clublebens persifliert: „Kill The DJ“ heißt das Label, an dem sie beteiligt ist, I HATE DANCING nannte sie ihre erste Mix-CD, „No Dancing, Please“ war der Name ihrer Partyreihe im Pariser Queer-Club Pulp.

Chloés zweites Album ONE IN OTHER, das Mitte Mai veröffentlicht wird, klingt noch mehr als das erste wie eine musikalische Übertragung des Klischees der Widersprüchlichkeit zwischen DJ und Produzent. Der Eine als Dienstleister für hedonistische Nächte, der Andere mit einem grenzenlosen künstlerischen Selbstanspruch ausgestattet.