Red Hot Chili Peppers
Gut ist nicht gut genug: Die Erfinder des Funk-Punk-Metal müssen sich an ihren selbstgesetzten Standards messen lassen - und bleiben live prompt dahinter zurück.
Köln, Sporthalle
Unbedarfte Zuschauer könnten das Spektakel, das da in der Kölner Sporthalle über die Bühne geht, durchaus für eine Fastnachtsveranstaltung der asiatischen Faustkampf-Liga halten: Die vier Gladiatoren im Scheinwerferlicht treten in Slip und Glimmer-Röckchen an, turnen mit ihren gestählten Körpern immer wieder gefährlich über die Bühne, rammen sich und einmal landet einer der Akteure auch ganz unfreiwillig auf dem Boden — nein, allen sportlichen Einlagen zum Trotz, was hier abgeht, ist „nur“ ein Konzert der Red Hot Chili Peppers. Wer die Band schon einmal live erlebt hatte, durfte mit mehr, sprich weniger rechnen: Gerne präsentieren sich die vier Funk-Punk-Machos nur mit Socken über die Männlichkeit gestülpt, gerne strecken sie dem johlenden Publikum die blanken Hinterteile entgegen. In einem Satz: Konzerte der Chili-Peppers sind Kult. Nicht nur wegen dieser Showeinlagen. Die Combo aus Kalifornien um die beiden Charismatiker Anthony Kiedis und Flea zählt auch musikalisch zu den besten Live-Acts der letzten Jahre.
Doch an diesem Abend in Köln — eine von drei Peppers-Shows in Deutschland — fehlt den Chilis ein bißchen der Pep(per): Nach knapp eineinhalb Stunden und einem hingerotzten Cover des Bowie-Klassikers ‚Sufragette City‘ verlassen Kiedis und Co. bereits die Bühne. Was — neben einem minutenlangen Feedback-Inferno — zurückbleibt, ist die Gewißheit, daß es die Chilis eigentlich besser können. Egal, ob alte Kracher wie ‚Suck My Kiss‘, melodiösere Kost vom neuen Album ‚One Hot Minute‘ (‚Aeroplane‘, ‚Deep Kick‘) oder die Vorzeige-Ballade ‚Under The Bridge‘ nie bekamen die Chilis den Kontakt zum Publikum so richtig auf die Reihe. Zu routiniert klingen die Stakkato-Riffs von Neu-Gitarrist Dave Navarro, ein bißchen zu wenig hebt sich die Stimme von Kiedis von der brodelnden Hardcore-Lava ab.
Begleitet von knallgrünen Laserlichtspielen beginnen die Chili Peppers ihren Set mit einem ihrer größten Hits: ‚Give It Away‘ kommt funky, laut und krachig, so wie ein guter Chili-Peppers-Song eben kommen muß. Daß die Band dieses Level nicht halten kann, liegt daran, daß irgendwann im Lauf der Show den Herren Matadoren die Lust verloren geht, weil aber auch niemand über die Witze lachen kann, die sie auf der Bühne reißen. Kaum einer kriegt Fleas Bemerkung über Helmut Kohl mit. Seine Nachfrage („Fühlt sich jemand dadurch angegriffen?“) verhallt wie so vieles zwischen den Songs im Nichts. Später parlieren die Herren Rockstars dann mit dem Rücken zum Publikum und nur noch miteinander. Recht so.
So gerät der Auftritt der Chili Peppers zum Vergnügen der zwiespältigen Art: Klasse-Nummern wie ‚Me & My Friends‘ vom ’87er Album ‚The Uplift Mofo Party Plan‘ stehen neben farblosen Interpretationen neuer Stücke (‚Walkabout‘). Großartige, beseelte Baßläufe konkurrieren mit berechenbaren Gitarrensoli. Natürlich hat es was, wenn Kiedis und Flea zum Paar-Hüpfen ansetzen und der Sänger wie ein Derwisch über die Bühne rast. Und natürlich zeigen die Red Hot Chili Peppers allen Crossover-Epigonen auch noch einmal deutlich, wer diesen einflußreichen Donnerhall aus Funk, Punk und Metal erfunden hat — aber gemessen an der Latte, die die Red Hot Chili Peppers bei sich selber angelegt haben, ist dieser Abend nur zweite Wahl.