Ranking: Die besten Alben von Jack White
Eine Kaufanleitung: Die wichtigsten Alben von Jack White – und die, auf die man verzichten kann.

Nerd und Stilist, Machtmensch und Unternehmer, Philanthrop und Kauz. Vor allem aber ist Jack White leidenschaftlicher Fan und Macher. Nachdem er mit WHITE BLOOD CELLS das Garage-Revival vorantrieb, feuerte er mit seinen Bands, Projekten und über das Label THIRD MAN eine stattliche Anzahl von Alben in die Rockwelt. Ein Überblick.
Jack White: Das muss man haben
WHITE BLOOD CELLS (2001)
Die dritte Platte des Duos, mit der Meg und Jack White vom Insider-Tipp zum Superact wuchsen. Mehr als eine Million verkaufter Alben allein in den USA, mit HOTEL YORBA und FELL IN LOVE WITH A GIRL zwei Hitsingles. WHITE BLOOD CELLS führt 2001 das Garage-Revival in den Pop.
Standen die 90er-Jahre für den Versuch, Rockmusik durch Perfektion und Lautstärke wachzuhalten, scheppern sich zu Beginn der Nullerjahre Jack und Meg in die Herzen: DEAD LEAVES AND THE DIRTY GROUND heißt das erste Stück der Platte, für viele wird es zum Erstkontakt mit Jack White. Der Song klingt so dreckig, wie er heißt, das Riff ist uralt, die Energie noch unverbraucht – und die Melodie toll.
★★★★★
ELEPHANT (2003)
Eine LP später erreicht Jack White den Gipfel. SEVEN NATION ARMY ist der letzte Rocksong, der weltweit zur Folklore wird, Millionen Fußballfans haben ihm auf ewig zu danken. Ausgehend vom offensichtlichen Hit versteckt sich die Platte: BLACK MATH trägt den Bezug zum Proto-Metal von Black Sabbath im Titel,. Gecovert wird Burt Bacharachs I JUST DON’T KNOW WHAT TO DO WITH MYSELF – eine ebenso lässige wie beiläufige Version, die das verborgene Slacker-Element des Songs hervorhebt.
Und doch wird erkennbar, wie versiert Jack White als Sänger und Gitarrist mit der Vorlage umzugehen weiß. Bitte eines nie vergessen: Ohne Meg Whites Persönlichkeit als Schlagzeugerin wäre ELEPHANT höchstens die Hälfte wert. Niemand trommelt wie sie.
★★★★★
BROKEN BOY SOLDIERS (2006)
Ab 2003 forciert Jack White den Aufbau seines imposanten Netzwerks, einen zentralen Part spielt dabei sein alter Kumpel Brendan Benson aus Detroit. Er und Jack White kennen sich schon lange, Benson startet in den 90er-Jahren eine zunächst vielversprechende Karriere als Powerpopper, die jedoch eine Dekade später zu versanden droht.
Zusammen mit Jack White schreibt er 2005 den Song STEADY, AS SHE GOES, den die beiden so gelungen finden, dass sie auf seiner Basis eine neue Band gründen: Die Raconteurs sind geboren. Das erste Album ergänzt den Jack-White-typischen Garage-Rock um Psych- und Powerpop-Elemente aus Bensons Songbook. Zu bieten hat BROKEN BOY SOLDIERS eine Reihe echter Paradesongs wie den galoppierenden Titelsong, INTIMATE SECRETARY mit seinem deutlichen McCartney-Einfluss oder CALL IT A DAY, das in seiner Entspanntheit an den britischen Slacker Badly Drawn Boy erinnert – und an die Beatles natürlich auch.
★★★★☆

Backkatalog
DE STIJL (2000)
Der Verweis im Albumtitel gilt einer niederländischen Kunst- und Architekturbewegung der 20er-Jahre, die ihr Design durch eine radikale Reduktion von Form und Farbe erzeugte. Das Cover gibt einen guten Hinweis auf die Ästhetik von DE STIJL. Die Musik entspricht dieser Strenge allerdings nicht: Jack White öffnet sich auf seiner zweiten Platte, spielt nun auch Pop und Folk. YOU’RE PRETTY GOOD LOOKING (FOR A GIRL) klingt wie ein Stück der Kinks, der Text bietet eine kurze Hommage an den 60s-Folkrock-Hit IN THE YEAR 2525 von Zager and Evans, der Legende nach sollte zunächst Meg den Track singen, was Titel und Text einen anderen Twist verleiht. TRUTH DOESN’T MAKE A NOISE ist ein meisterliches Barock-Pop-trifft-Led-Zeppelin-Lied. Ob es wohl eine Parallelwelt gibt, in der sich Jack White zum Sophisticated-Popper entwickelt hat?
★★★★☆
HOREHOUND (2009)
In dieser Band ist Jack White der Drummer, die Lead Vocals übernimmt Alison Mosshart von den Kills. Sie schmeißt auch die Show, und White zeigt ein großes Interesse daran, sie in dieser Rolle bestmöglich zu unterstützen. Auf allen drei Alben der Band gelingt das. Die erste Platte HOREHOUND verfügt dabei über die größte Dichte und den eindrucksvollsten Sound. Ein Stück wie I CUT LIKE A BUFFALO ist eine Wucht. Jack White spielt nicht nur verdammt gut, sondern erzeugt auch als Produzent einen grandiosen Schlagzeugsound.
★★★★☆
BLUNDERBUSS (2012)
Whites drei Soloalben sind das, was Ingenieure ein Lastenheft nennen: Der technisch denkende Musiker legt die Vielzahl an Anforderungen offen, die er an ein Rock’n’Roll-Album in den 10er-Jahren stellt … und erfüllt sie dann alle selbst. BLUNDERBUSS besitzt von seinen bisher drei Alleingängen das größte Herz und den meisten Humor. Wie er in TAKE ME WITH YOU WHEN YOU GO das Pianomotiv von TAKE FIVE schwankend mit ins Grab nimmt, macht irre Spaß. Wie er den Song dann als Soul-Metal-Suite im Geiste von Elton John und Queen wieder auferstehen lässt, sogar noch mehr.
★★★★☆
ACOUSTIC RECORDINGS 1998-2016 (2016)
Bekannte Stücke wie APPLE BLOSSOM und HOTEL YORBA. Alternative Akustik-Versionen von Songs aus allen Phasen. Bis dahin unveröffentlichte Skizzen: Das Doppelalbum stellt die nicht-elektrifizierte Seite des Songwriters Jack White zusammen. Früher wäre die Reihe MTV Unplugged eine passende Bühne für dieses Format gewesen. Im Zusammenspiel mit Bildern im Kerzenschein hätten wir den Romantiker Jack White direkt vor Augen gehabt. So bleibt ACOUSTIC RECORDINGS 1998-2016 ein hoher Genuss mit gewisser Distanz.
★★★★☆
Jack White – das braucht man nicht:
ICKY THUMP (2007)
Zusammen mit GET BEHIND ME SATAN bildet ICKY THUMP das problematische Finale. Das Duo-Konzept hatten Jack und Meg mit ELEPHANT ausgereizt. Die beiden folgenden Platten wirken wie eine Sockenschublade, in die man auch noch die Unterwäsche stopft. Der Leim geht auf, alles schaut raus, die Lade schließt nicht mehr. Es gibt grandiose Momente. Jedoch fühlt man sich am Ende der 13 Stücke letztendlich nicht erfrischt, sondern müde und matt.
★★☆☆☆
LAZARETTO (2014)
Nichts gegen BOARDING HOUSE REACH. Die dritte und bislang letzte Soloplatte von Jack White aus dem Jahr 2018 ist ein großes Abenteuer, die den Zugang zwar erschwert, aber nicht unmöglich macht. Dagegen ignoriert LAZARETTO, dass Musik nicht nur gespielt, sondern auch gehört werden muss. Das Titelstück klingt, als erkläre uns ein Physikprofessor in dreieinhalb Minuten die Quantentheorie: way too much.
★★☆☆☆
Jack Whites Plattenfirma Third Man Records
White gründete sein eigenes Label in den Signaturfarben Schwarz-Gelb im Jahr 2001 in Detroit. Seit 2009 hat die Firma ihren Sitz in Nashville. Neben dem Office gibt es dort einen Shop sowie einen Studiobereich, den White für Produktionen nutzt. 2015 eröffnete er in Detroit einen zweiten Sitz, an den die Company 2017 ein eigenes Presswerk angliederte. Das Hauptaugenmerk von THIRD MAN liegt auf Vinyl-Produktionen.
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