Pop Art


Die Pop-Kolumne von Dirk Peitz

12. Dezember 2010, iTunes-Albumcharts Platz 108: The Beatles, The Beatles 1967-1970

War schon ein komischer Anblick vor paar Wochen, als man morgens den Safari-Browser aufmachte und einen mal keine iPad-, iPhone-, iPod-Werbung erwartete. Sondern John, Paul, George, Ringo. Die Beatles auf iTunes, Sensation und so, nach all den Jahrzehnten Namensrechtsstreit zwischen Apple, der Plattenfirma der Beatles, und Apple, der Computerfirma von Steve Jobs. Alle Studioalben auf einen Schlag, paar Hundert Lieder. Erster Gedanke: Na, dann können die ja jetzt die iTunes-Singlecharts zumachen, lauter sichere Beatles-Plätze, und „Yesterday“ wird Nummer eins, logo.

Dann aber nicht nachgeguckt. Erst Wochen später. Und die Nummer eins, oops, war von den Black Eyed Peas, „The Time (Dirty Bit)“, total scheußliche Brunfttechno-Bearbeitung von „(I’ve Had) The Time Of My Life“, diesem „Dirty Dancing“-Heuler. Anekdötchen: Man war mal zu Hause bei will.i.am in L.A., der Hausherr führte herum, zeigte einige Räume, die er zu einem Studiotrakt hatte umbauen lassen, in einem winzigen Kabuff war nun die Gesangskabine. „Da hat vor paar Tagen Mariah Carey was eingesungen“, sagte will.i.am und grinste: „Hab ihr nicht erzählt, dass das früher die Gästetoilette war.“ Ganz nette Überschrift für den Besuchstext, fand der Redakteur aber nicht: „Mariah singt aufm Klo (und merkt es nicht)“. Kann man mal so stehenlassen.

Die Beatles also: Kein einziges ihrer Lieder stand in den iTunes-Singlecharts. Nächster Gedanke: Listet Apple die vielleicht einfach nicht? Sähe ja auch doof aus, nur Beatles. Bei der Suche in den Albumcharts dann aber ein Aha-Erlebnis: auf Platz 108 die Blaue der Beatles, auf Platz 133 die Rote, sonst keine Beatles. Erleuchtung: Die verkaufen sich auf iTunes offenbar eher mies.

Erste Erklärung: Die Beatles haben eh alle schon auf CD. Zweite Erklärung: Und wer sie noch nicht hat, kauft sie sich lieber auf CD, in so einer Luxusedition. Dritte Erklärung: Weil die Leute noch immer den immateriellen Wert, den sie einer bestimmten Musik zubilligen, mit einer materiellen Kaufentscheidung ausdrücken – sind die Black Eyed Peas also so billig, dass man sie sich lieber runterlädt, während die Beatles einem teuer genug sind, dass man für sie extra in eine CD-Abteilung geht? Gegenfrage: Will irgendwer die Blaue und die Rote auf CD haben? Hab die auch auf Vinyl, deshalb. Bekloppte Sentimentalität.