PJ Harvey – To Bring You My Love


Man nannte sie den „weiblichen Tom Waits“ und Patti Smiths legitime Erbin. Beides traf irgendwie und zielte doch viel zu niedrig für eine Frau, der man eher zutraute, dass sie sich eher selbst unter Starkstrom setzen würde, um mal zu spüren, wie das so ist, als dass sie einen zeitgemäßen Lovesong mit einem Dancebeat aufnimmt. Ihr Auftritt auf der Pop-Bühne glich dem gewisser Vertreter des Wiener Aktionismus der 60er Jahre, die sich in den Eingeweiden frisch geschlachteter Schafe wälzten – nur dass es Harveys eigenes Inneres war, das sie in einem (musikalischen) Inferno der Selbstzerfleischung nach außen kehrte. Mitte des Jahrzehnts hatte sie auch die ihre gefunden und brachte Wahrheit und Schönheit, Gewalt und Zärtlichkeit in ein geradezu beängstigend perfektes Gleichgewicht auf einem Album, das zur nie mehr ganz erreichten Vorlage für alles wurde, was Frau Harvey seither versucht und getan hat.

Produzenten: Flood, PJ Harvey, John Parish

Beste Songs: „To Bring You My Love“, „Down By The Water“, „Send His LoveTo Me“

What’s the story? Mit TO BRING YOU MY LOVE erfand sich die im wahren Leben eher schüchterne Harvey auf bowie-eske Art neu, die alte Fans vor den Kopf stieß: Bei den legendär grandiosen Konzerten zum Album stand keine gitarrenschwingende no-bullshit-Rachegöttin mehr auf der Bühne, sondern eine Diva mit bedrohlich vampiristischer Laszivität und Ava-Gardner-Look zu verwischtem Lippenstift.