Popkolumne, Folge 197

Mit Taylor Swift, Peter Fox und „The Playlist“: Paulas Popwoche im Überblick


Mitternächte: Paula Irmschler in der neuen Ausgabe ihrer Popkolumne über Taylor Swift, Peter Fox und Amapiano, „The Playlist“, Christina Aguilera, Spotify und Konzerte.

Pietätlos vielleicht, aber letzte Nacht habe ich geträumt, Taylor Swift sei gestorben. Im Traum fand ich das total schrecklich, vor allem der Zeitpunkt, ist doch gerade erst ihr neues Album MIDNIGHTS rausgekommen. Jedenfalls habe ich im Traum überlegt, welchen Song ich posten solle, um ihr zu gedenken, wie es in meinem Traum alle schon getan hatten. Mir fiel aber kein Song mehr ein und ich bekam es den ganzen Tag lang nicht hin, also den ganzen Traumtag lang.

Taylor Swift ist nicht tot

Zum Glück ist Taylor Swift nicht gestorben und ich kann weiter über ihre Lieder nachdenken. Was mir mein Traum glaube ich sagen wollte: Ich bin mit dem neuen Album noch nicht so richtig „warm“ geworden. Einige Songs klingen so, als hätte eine KI Taylor-Swift-Songs gemacht. Ein bisschen Unsicherheit, ein bisschen Cringe, ein bisschen Genialität, ein bisschen Folk, ein bisschen Synthie, alt, neu, ab in Mixer. Und bei all dem natürlich immer die pathetischen Textzeilen zum Abschreiben, die mittlerweile wohl zu lange kalkulierten Sätze, die pointierten Aphorismen. „Anti-Hero“, auf den allzu konstruierten Hit, falle ich schon mal nicht rein. Hundertpro find ich spätestens in drei Wochen alles eh wieder total geil und mache dann doch noch mit.

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Peter Fox und Amapiano

Umso „reingehender“ ist dafür das neue Lied von Peter Fox, „Zukunft Pink“ (feat. Inéz). Also, ich hatte jetzt nicht drauf gewartet. Seeed und Peter Fox, das fand ich persönlich eher immer unangenehm. Zu ihnen gehörten diese breitbeinigen Fans, die sich in Rhythmus versuchten, ihn aber noch nie gesehen hatten, es waren diese Jungsjungs, die immer sagten, sie hätten schon die ganze Welt gesehen und dann festgestellt, dass das einzig Wahre doch Berlin ist. Megakonform, aber doch total „verrückt“, junggeblieben, nervig, Joko und Klaas als Musik. „Zukunft Pink“ ist spitze, weil Peter Fox das Memo nicht gekriegt hat und keinen auf Weltuntergangsschmerz macht, sondern nach vorne geht und so auch das Lied, dessen Ohrwürmigkeit man sich nicht entziehen kann.

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Die Kritik folgte auf dem Fuße, schließlich ist Peter Fox Cultural-appropiation-King. So warf ihm unter anderem der Journalist Malcolm Ohanwe vor, sich am südafrikanischen Amapiano bedient und das nicht deutlich genug offengelegt zu haben.

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Peter Fox hat sich mittlerweile erklärt und gesagt, er habe sehr wohl an unterschiedlichen Stellen den Gründer*innen des Genres Tribut gezollt und obendrauf soll bald ein öffentliches Gespräch zwischen Ohanwe und Fox stattfinden. Denn natürlich muss die Debatte über den Ausverkauf von Subkultur immer weitergehen, vor allem weil es eine lange Geschichte darüber gibt, wie weiße Künstler sich an Schwarzer Kultur bedienen.

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Falls nun jemand Blut geleckt hat, es gibt von der BBC eine kurze Doku über Amapiano:

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„The Playlist“ auf Netflix

Apropos Ausverkauf. Mit der Frage, ob Musikstreaminganbieter Künstler*innen eher nützen oder schaden, beschäftigt sich die Serie „The Playlist“ (Netflix). Sie beleuchtet die (fiktionalisierte) Geschichte von Daniel Ek, der mit Anfang 20 die Idee für Spotify hatte. In sechs Folgen sieht man sechs unterschiedliche Perspektiven auf diese Geschichte, unter anderem auch aus Programmierer- und aus Künstlerinnensicht. Der Vorteil ist, dass dadurch weder eine Helden- oder Arschloch-Geschichte draus wird, wie so oft bei diesen großen Gründergeschichten, sondern dass es wirklich bei den Zuschauer*innen liegt, zu bewerten, wo sie stehen und wie sie etwas bewerten. Urheberrechte, Innovationen, Kunst als Arbeit, Wertfragen – es bleibt kompliziert. Der Nachteil ist, dass wenn man in jeder Folge eine andere Perspektive erzählen will, die Dialoge sich am Ende oft anhören wie Phrasen und Slogans, weil natürlich jede Figur immer etwas repräsentieren muss. Das macht’s am Ende ein bisschen zäh und ein paar mehr Folgen wären gut gewesen. Eine Fan-Folge zum Beispiel hätte ich noch gut gefunden.

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Christina Aguileras „Beautiful“ in der 2022er-Version

Lange vor dem Siegeszug von Spotify kam ein Album raus, das dieser Tage 20 Jahre alt geworden ist. Mein allerliebstes Lieblingsalbum STRIPPED von Christina Aguilera, ich habe es eventuell ein, zwei, achtzehn Mal erwähnt. Und Schockschwerenot, Xtina hat sich wirklich noch mal in die alte Klamotte geworfen:

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STRIPPED ist wirklich komplett voller Hits. Ihr kennt „Fighter“, ihr kennt „Can’t Hold Us Down“, ihr kennt „Dirrty“, ihr kennt „The Voice Within“. Und ihr kennt „Beautiful“. Ihr habt Gefühle dazu, ich weiß es. Und ihr erinnert euch an das Video, das körperliche Vielfalt zelebrierte. Und wisst ihr was? Ja, es wurde geupdated. Könnt ihr das glauben? „Beautiful“ im Jahre 2022 legt den Finger auf die Instagram-Wunde, die vor allem bei Teenies tief klafft und viel zu sehr ihr Leben bestimmt. Es ist zum Heulen, aber auch wunderschön. Wie 2002 auch schon.

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Zu Christina Aguileras „Stripped“-Tour war ich im Übrigen auch noch auf meinem ersten Konzert. Ich werde nie vergessen, wie mein Kumpel Bert (Name geändert) und ich damals wochenlang durch Dresden gezogen sind und alle möglichen Christina-Plakate geklaut haben (es gab verschiedene und wenn wir eins in einem besseren Zustand erwischten, verschwand das alte wieder aus dem jeweiligen Zimmer) und schließlich tatsächlich noch günstige Karten bei Ebay ergattern konnten. Wir malten uns unsere Fanshirts selbst und waren dann so überwältigt von der großen Halle, dass wir ganz weit hinten standen, da aber die ganze Zeit aufgekratzt rumrennen konnten, also war das genau richtig so.

Apropos Livemusik. Konzerte sind doch einfach das Geilste, oder? Da kann man auch die ganzen Künstler supporten, deren Mucke man sich vorher bei Spotify für fast-free reingestreamt hat. Bitte geht hin, wenn ihr könnt. Mit Maske, Abstand, getestet, wenn es irgendwie geht. Wenn nicht, nicht, kein Stress! Aber ich glaube, mir hat in den letzten Monaten nichts so viel gegeben wie die tollen Konzerte, auf denen ich war. Das scheint den Leuten beim „ZDF Magazin Royale“ genauso zu gehen, also produzierten sie in der vergangenen Woche eine Konzert-Sendung, die einfach nur bombenmäßig gut war, nur zu kurz. Unter dem Motto „There’s A Party“ gab es Auftritte von Nina Chuba, Blond, addeN, Wanda, Xatar, Samy und DJ Bobo zu sehen, natürlich alle unterstützt vom Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld.

Verraten und gekauft: Was schiefläuft, wenn Popstars zu viel werben

Was bisher geschah? Hier alle Popkolumnentexte im Überblick.

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