Paul Simon – Hamburg CCH
Vor ein paar Jahren hätte man mich noch nicht mal mausetot bei einem Simon & Garfunkel-Konzert angetroffen. Die zwei waren für mich der Inbegriff von Studentenfutter, akustischen Gitarren und Mädchen mit langen Wickelrökken (selbstgehäkelt, versteht sich). Doch die Zeiten haben sich geändert, Garfunkel schleimt heute solo, und Simon, nun ja, der hat sich zu einem richtig akzeptablen Musiker gemausert. Heute kann man sich sogar seine Platten anhören, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, weich in der Birne geworden zu sein.
Wer oder was ihn dazu bewegt haben mag, endlich auch mal dem so verhaßten Deutschland einen Besuch abzustatten, weiß ich nicht. Auf alle Fälle: Er war hier und er war gut. Um nicht zu sagen brillant! Eingekreist vom Erlesensten, das die inter nationale Szene heute so zu bieten hat (u.a. Richard Tee, Eric Gale, Steve Gadd), stand er klein und schmächtig in seinem Plastikjäckchen auf der für ihn viel zu großen Bühne und wußte nicht, wie ihm geschah. Dieses begeisterte aber auch das andächtige Publikum da unten, das sollten die bösen Deutschen sein??? Nun, er erholte sich jedenfalls schnell von diesem Kulturschock und bedankte sich für die Ovationen mit Evergreen auf Evergreen. Toll z.B. ein „Mother And Child Reunion“ als Reggae-Version, noch toller das neue „Late In The Evening“, bei dem Steve Gadd gar ein halbes Dutzend Percussionisten ersetzte. Fantastisch die Einlagen des vierköpfigen Gospelchors, der z.B. „Bridge Over Troubled Water“ zu einer wahren Vokalorgie werden ließ.
Am Schluß waren Publikum und Künstler restlos aus dem Häuschen; Ersterer wohl am meisten, spielte er doch .Late In The Evening“ glatt ein zweites Mal. (Oder sollte das den Verkauf der Single ankurbeln helfen?) Egal, Paul Simon bewies, daß man sich in diesen derzeitigen musikalischen Wirren noch auf etwas verlassen kann: Qualität!
Ich glaube, ich hab‘ ihn bis dato immer unterschätzt. Soll nicht mehr vorkommen, Paul. Und Du mußt wiederkommen! Dringend!