Orchestral Liederklaus Part III


Kolumne mit Bushido (schon wieder), Mike Oldfield (endlich) und Friedrich Nietzsche (wtf). Josef Winkler milks it.

Letztens hab ich – und das ist mir noch selten passiert – lachen müssen über den Bushido, den alten Liederklaus (hoho; Sie merken schon: schamloses Wiederaufkochen von Versatzstücken lang vergangener Erfolge, dies ist das Kolumnen-Equivalent von Tubular Bells III – ohne jetzt meine lang vergangenen Kolumnenerfolge mit Weltmillionensellern von Mike Oldfield vergleichen zu wollen. Aber wussten Sie übrigens, dass Mike Oldfield, als er einst das Studio bezog, um seine erste Platte mit ausufernden Instrumentalkompositionen aufzunehmen, noch gar keinen Titel dafür und außerdem das Gefühl hatte, dass ihm noch der gewisse Klang-Clou fehlte? Da traf er quasi in der Tür die Crew von John Cale, die gerade das angemietete Equipment von dessen Sessions abtransportierte, darunter ein Set von Röhrenglocken, und der Mike hatte eine Eingebung und bald einen Plattentitel und bald auch einen Weltmillionenseller. Was? Jedenfalls ist Mike Oldfield zu seinen bells mindestens so zufällig gekommen wie ich zu meinem Klaus).

Also, der Bushido. Es wird sich ja oft darum gesorgt, ob so einer jetzt die Jugend verdirbt, und ich würde ob des geistlosen Geschwätzes des modisch Unrasierten der Jugend ja raten, sich den Käse nicht reinzuziehen, worauf die Jugend freilich mit Recht erwidern würde: „Wat? Wer bist DU denn?“ Oder dergleichen. Aber dann musste ich doch kichern, als ich letztens in das neue Bushido-Werk hineinhörte und mir der reinste Schwachmatengesang entgegenschallte. Der tut ja immer so gefährlich, aber ich war mir dann nicht mehr sicher, ob das der Jugend ihr Ernst sein kann, sich ausgerechnet von dem verderben zu lassen. Meine Lieblingsstelle ist, wo er mal wieder total gefährlich tut und sich dann in einem circa hundertmal wiederholten Refrain brüstet, er sei „der König des Dschungels, wie ein Löwe!“, und dazu kommt immer so ein kindliches Löwenbrüll-Sample, und abgesehen davon, dass es im Dschungel keine Löwen gibt, ist das dann einfach Gangsta-Rap wie aus dem Tigerenten-Club und fast schon wieder süß.

Jenseits von Gut und Böse heißt die Platte, und was denken Sie bei diesem abgenudelten Allerwelts-Klischeetitel? a) „Oho, der Bushido hat seine neue Platte nach einer Schrift von Friedrich Nietzsche benannt“ oder b) „Ach, so hat sicher auch schon mal ein Programm von Mario Barth geheißen“? Eben. Man muss ja den Nietzsche schier bedauern, dessen Buchtitel zum Teil galoppierende Inflation als geflügelte Worte erfahren haben. Ein anderes Werk von ihm ist „Menschliches, Allzumenschliches“, und so hießen später nicht nur die Untertitel von humorvollen Psycho-Ratgebern und Episoden von Vorabendserien mit mutmaßlich humorvollen Ordensschwestern oder so, das würd ich auch als Titel des Bushido-Biopics vorschlagen. Ach richtig, das gab’s ja schon! Hat nur kaum wer mitgekriegt. Umso besser.

Am Ende bleibt mir noch festzustellen, dass nun auch die einzige Promi-Ehe, bei deren Schließung ich so gut wie fast dabei war, zerbrochen ist. Im Mai 2005 war ich in der leicht bizarren ME-Mission unterwegs, von White-Stripes-Konzerten in Südamerika zu berichten bei gleichzeitigem Verbot, mich der Band als Reporter zu nähern: Interviews waren kategorisch ausgeschlossen worden. Einmal warteten wir am Flughafen von Guatemala City am selben Gate. Da saßen die Whites mit Crew, da saß diese sehr hellhäutige, sehr rothaarige Frau, und da saß ich und fand es extrem konsequent, dass Jack White eine weiß-rote Freundin hatte. Es war Karen Elson, und sie lächelte mir zu! Ich stellte mir vor, wie sie in dieser funky Entourage mit all den saucoolen Leuten tödlichen Ennui verspürte – ich hätte ihr Märchenprinz sein können, der sie da rausholt und mit ihr durch ein guatemaltekisches Dorf latscht und Touri-Zeugs kauft. Aber es sollte nicht sein. Und kaum war ich abgereist,heirateten die zwei, mitten auf dem Amazonas. Meinen Segen hatten sie.