Nach den vernichtenden Kritiken im letzten Herbst wagte Kanye West es tatsächlich, noch einmal eine eigene Kollektion über den Laufsteg der Pariser Fashion Week zu schicken. (Und überraschte damit selbst Vogue-Chefin Anna Wintour.)
Armer Kanye. Es ist nicht leicht, sich im Haifischbecken der Mode zu behaupten. Erst recht nicht, wenn man wie Kanye West sein Debüt auf der Pariser Fashion Week gibt – der ältesten und hochkarätigsten Modewoche der Welt. Bei der die Konkurrenz modische Traditionshäuser wie Christian Dior, Yves Saint Laurent oder Givenchy umfasst. Doch das erfolgsverwöhnte Ego des amerikanischen Rappers scheint so groß zu sein, dass er trotz der vernichtenden Kritiken im letzten Herbst gerade seine zweite Kollektion über den Pariser Laufsteg schickte. Und ähnlich wie mit seiner Musik hielt er es diesmal mit seiner Mode: West überraschte. Indem er eine präzise, fast schlichte Kollektion in Schwarz, Braun- und Naturtönen zeigte. Indem er all die Swarowski-Steine, die gold-, silber- und bronzefarbenen Stoffe und den aufgemotzten Ausgehstil aus hohen Rock- und tiefen Dekolletéschlitzen wegließ und stattdessen starke Frauen in Vatermörderkragen, Gladiatorstiefel und hochgeschlossene Looks aus Leder und Samt steckte.
Es war, als hätte sich West in Selbstdisziplin geübt und statt verschwenderisch alles zu entwerfen, was ihm im letzten Jahr so durch den Kopf gegangen ist, schien er diesmal einen roten Faden gefunden zu haben, der die ganze Kollektion zusammenhielt: düstere, schmale Silhouetten, denen er dank femininer Materialien wie Samt und Chiffon und der Sweat- und T-Shirts einen weichen, entspannten Touch verlieh. Und als der Showman West zum Ende der Show Go-Karts aus der Dunkelheit um den Catwalk schießen ließ und selbst die sonst völlig unbeeindruckte Chefredakteurin der amerikanischen Vogue, Anna Wintour, in der ersten Reihe zu lachen begann, beschlich einen das Gefühl, dass alle irgendwie erleichtert sind. Erleichtert, dass der Mann, der so mühelos Musik komponiert, nun auch in der Mode seine Ambitionen gegen etwas mehr Lässigkeit eingetauscht hat.
