Ononie


Auch wenn sich am 8. Dezember sein Todestag zum zehnten Mal jährte: John Lennon kommt nicht zur Ruhe. Mit ebenso pathetischen wie peinlichen Aktionen sorgt "Die Witwe" dafür, daß die Lichter am Lennon-Altar nicht erlöschen.

Zu John Lennons 50. Geburtstag, so berichtet die Zeitschrift Newsday. kaufte sich Yoko Ono ein Diamant-Collier — auf Anweisung des Verblichenen, John erschien ihr in einem Traum und erkiärte, sie benötige dringend Diamanten. Yoko. kein streitsüchtiger Mensch, machte sich umgehend auf den Weg zu einem Pariser Juwelier und ließ 50 Diamanten aufziehen. Sie bezeichnet dieses Schmuckstück als ihre „Tränenkette“.

Seit seinem Tod meint es John sehr gut mit Yoko. In einer anderen Vision riet er ihr davon ab, mit Sean in eine bestimmte amerikanische Stadt zu fahren. „Ich sage nicht welche“, ziert sich Yoko, „aber eine Woche später kam die Polizei, und man sagte mir, sie hätten ein Mordkomploii gegen mich aufgedeckt.“

Und was die Finanzen anbetrifft — nun, rosiger könnten die Dinge überhaupt nicht aussehen. Nach Lennons Tod wurde seine Hinterlassenschaft auf etwa 140 Millionen Dollar geschätzt. In einer neueren Statistik wird Yokos Vermögen auf mindestens 500 Millionen beziffert; großzügigeren Schätzungen zufolge soll es sogar doppelt so viel sein.

Erinnern wir uns: In den letzten fünf Jahren seines Lebens war John Lennon hauptsächlich als Hausmann tätig — ein ausgebranntes Talent, ganz gut im Brotbacken und Babysitten, aber nicht gerade ein Ausbund an Kreativität… nicht einmal ein sonderlich gewinnversprechendes Anlageobjekt. Durch die Schüsse vor dem Dakota am 8. Dezember änderte sich das schlagartig (was die sowjetische „Pravda“ zu Spekulationen veranlaßte, der Mord sei inszeniert worden, um die Verkaufszahlen des Lennon-Labeis Geffen in die Höhe zu schrauben). Yoko, als abgebrühte Geschäftsfrau ungeschlagen, hat aus der damals über sie hereinbrandenden Sympathiewelle seither kräftigst Profit geschlagen. Drei Monate nach „dem Ereignis“ (Ono) startete sie mit Johns blutbespritzter Brille auf dem Cover von SEA-SONS OF GLASS ihre neue Karriere als DIE WITWE und installierte auch gleich ihren neuen Freund im Dakota, einen transsylvanischen Innenarchitekten namens Sam Havadtoy. Seither betreiben die beiden einen schwunghaften Handel mit Lennon-Erinnerungen aller Art.

Was gab es da nicht schon alles: „Imagine: Der Film“, „Imagine, der Soundtrack“ und „Imagine, der Vierfarb-Bildband“. Ganz zu schweigen von dem Duo-Album MILK AND HONEY. Oder den LOST LENNON TA-PES. Oder JOHN LENNON – LIVE IN NEW YORK CITY (Video. Album und Kabelfernseh-Special). Oder die CD-Box LENNON. Oder das Buch „Skywriting By Word Of Mouth“. Nebenher haben Yoko und Havadtoy auch noch eine Vertriebsfirma namens „Bag One Arts“

aufgezogen, über die sich alles von der Imagine-Jeansjacke (mit aufgenähtem Peace-Zeichen) bis zu Lennon-Kaffeetassen beziehen läßt.

Im Jahre 10 nach Lennon ist Yoko geschäftig wie nie, was Paul McCartney so kommentierte: „Wäre John noch am Leben, würde er sich ab erster über diesen Quatsch lustig machen. Er würde sagen:, Wie viele tributes kann man in einem Jahr veranstalten?‘ Wenn dieser Zirkus einem anderen gehen würde, hätte er sich totgelacht. „

Der Mega-Blödsinn begann im Mai mit einem Gedenkkonzert in Liverpool, bei dem sich solch illustre Gestalten wie Kylie Minogue, Lou Reed und Cyndi Lauper die Ehre gaben — keiner von ihnen hat Lennon je kennengelernt oder könnte irgendwelche Beziehungen zur Musik der Beatles vorweisen. (Reed hat allerdings einmal über die Heuchelei eines Lennon gespottet, der in seinem komfortablen Elfenbeinturm „imagine no possessions“ singt.) Ähnliche Ereignisse wurden für Moskau und Tokio geplant. Die Einnahmen sollen einer angeblich guten Sache zufließen, die sich „The Greening Of The World Lennon Scholarship Fund“ nennt. Unglücklicherweise weiß aber niemand, um was es sich dabei eigentlich handelt. Laut Yoko bezweckt man, „die heute so dringend benötigte mentale und physische Gesundheit unserer Erde wiederherzustellen“. Der von der britischen Presse geäußerten Bitte nach einer Aufschlüsselung der Liverpooler Gewinne ist das geschäftstüchtige Paar nicht nachgekommen.

Anläßlich von Lennons 50. Geburtstag bastelte Yoko die einzige noch fehlende Gedenk-Variante zusammen — „Imagine, die Radiosendung“ wurde in 80 Länder übertragen … über den Militärsender AFN. Ob die GIs am Persischen Golf mit dieser Ironie was anfangen konnten, ist nicht bekannt. Give peace a chance … oder wir blasen dir das Hirn aas dem Kopf.

Yoko sieht sich als alleinige Hüterin des Lennon-Erbes. in dieser Funktion machte sie kurzen Prozeß mit einem Konzert, das Sid Bemslein (Impresario der „Beatles-at-Shea-Stadium“-Gigs) und Cynthia Lennon in Berlin veranstalten wollten. Yokos Drohungen, die Organisatoren vor Gericht zu zerren, sollten sie nur eine einzige Note aus Lennon-Kompositionen spielen, sind in ihrem totalitären Anspruch kaum zu überbieten. Sie stoppte auch die Publikation eines Buches des früheren Lennon-Assistenten Fred Seaman, der behauptet, während der Arbeit an dem Werk a) zusammengeschlagen und b) von zwei Polizisten mit der Waffe bedroht worden zu sein, die sich nebenher ein Zubrot als Bodyguards bei Yoko verdienen. „Soiel war mir klar — wenn ich nicht kooperiere, bin ich möglicherweise eines Tages tot.“

Wer sich negativ über Yoko Ono äußert, wird von ihr öffentlich als „Rassist“ abge- ‚ kanzelt – eine nett hinterhältige Art, von eigenen Gemeinheiten abzulenken. „Bei einem Angriff der Presse auf Frau Martin Luther King“, sagt sie, “ würde sich die schwarze Bevölkerung erheben und protestieren. “ Der‘ Realität hält ihr raffinierter Vergleich natürlich nicht stand. Lennon war weder Heiliger noch Politiker, sondern ein Popmusiker, der gute, mittelmäßige und des öfteren auch bescheuerte (J don’t know why you say goodbye I say hello“) Popsongs geschrieben und eine Frau geheiratet hat, die ihn an Gerissenheil um einiges übertraf.