Offene Türen
Nach 35 Jahren kehrt William Shatner zur Musik zurück.
Es war sein Beruf, dorthin vorzudringen, wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist. William Shatner. 73 Jahre alt, schuf mit dem von übersprudelnder Viriütät und kindischem Nonkonformismus geplagten Raumschiffkapitän James T. Kirk die berühmteste SF-Gestalt aller Zeiten – und wurde seit 1966 derart mit Kirk identifiziert, dass seine Karriere als Schauspielerdanach (vor den Kinofilmen] nur noch bergab führen konnte. Ihm selber war’s egal; er trat immer mal wieder im Fernsehen auf – oft um sich selbst zu parodieren – und kümmerte sich um seine Pferdezucht. „Neulich schrieb jemand, ich sei ein „Has Seen „, sagt er. „Ich dachte: Was für eine merkwürdige Bezeichnung für einen Menschen, besonders für mich, wo ich mich doch gar nicht so fühle. „Has Been‘ sollte eine Ehrenbezeichnung sein:, Er war ein großer Koch, ein toller Reiter, ein guter Voter‘, was nicht heißen muss, dass das Kind jetzt weg. das Restaurant abgebrannt und das Pferd tot ist.“ Weil Shatner über den Begriff so genau nachgedacht hat, heißt auch sein neues Album so, das zweite nach 35 Jahren Musikpause, unterbrochen 1998 von der Zusammenarbeit mit Ben Folds auf dessen fear OF POP. Folds war durch Shatners Debüt auf das verkannte Genie aufmerksam geworden: THE TRANSFORMED MAN, 1968 erschienen und von der Kritik mit hysterischen Lachsalven bedacht. Es dauerte ein Vierteljahrhundert, bis via „Kult“ auffiel, wieviel Wagemut und Größe in den abstrusen Interpretationen von „Mr. Tambourine Man“, „Lucy In The Sky With Diamonds“ usw. steckte. Aus der Gastrolle erwuchs eine Freundschaft und das neue Album. Covern tut Shatner auch diesmal wieder: Seine Version von Pulps „Common People“ (mit Joe Jackson] mit bizarr melodischem Sprechgesang übertrifft an Gänsehautfaktor noch das Original. Aber er beließ es nicht beim Interpretieren. Beim Hören schwankt man zwischen Begeisterung und Staunen über den Witz, Wagemut, die (Weisheit und kindliche Freude, die der Mann ausstrahlt. „Wenn es mehr Künstler gäbe, die so ehrlich, verletzlich, kreativ sind und ihrem Produzenten so vertrauen wie Shatner“, sagt Folds, „würde ich nur noch produzieren.“ „Ich wollte nicht borniert sein“, antwortet Shatner. „Ich wollte nicht in Richtung Sinatra gehen, so sehr ich ihn bewundere. Ben sagte.- „Du schreibst, was du sogen möchtest, ich modelliere es zu Songs‘ – was für eine offene Tür!“ Wohin sie führte? Na klar: wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist.