Nintendo lockt… … in ein virtuelles, ganz und gar nicht FIFA-konformes Fußball- Trainingslager.
2010 ist es wieder so weit: Die ganze Welt mutiert zu Regelwerksfetischisten und (theoretischen) Fußballprofis. Man kann davon ausgehen, dass die ganze Welt jetzt schon die verbleibenden drei Jahre nutzt, um heimlich Abseitsregeln zu pauken, die man sich dann, wenn die Gelegenheit endlich gekommen ist, gnadenlos um die Ohren hauen wird. Die ganze Welt spinnt. Den folgenden Satz hat man schon länger kommen sehen als einst die rote Karte für Zidane, zugegeben. Hier ist er: Die ganze Welt? Nein! Ein kleines Volk Unbeugsamer rüstet sich für den längst überfälligen Gegenschlag! Und damit ist jetzt nicht kollektives Gemaule gemeint, in das man einstimmt, wenn das Wort „Fußball“ fällt. Hier geht es um die Schlacht mit des Gegners eigenen Waffen. Mario Strikers Charged Football (Nintendo, Nintendo Wii) heißt das Trainingslager, in das man ab sofort in kleinen Gruppen die Abseits-Kenner und Rote-Karten-Forderer einladen sollte – ihre kleine Welt wird schnell in Trümmern liegen.
Wie man es aus dem Mario-Universum gewohnt ist, hat diese Variante mit eigentlichem Fußball nicht mehr viel zu tun. Schieds- und Linienrichter gibt es nicht, womit schon einmal Fouls, Aus und Abseits unter den Tisch fallen. Am Ende einer Partie bekommt man gar die persönliche Blutgrätschenstatistik mitgeteilt. Für professionelle Fouls gibt es allerlei Hilfsmittel, die man sich während des Spiels als nützliche Gadgets aneignen kann. So kann man Bomben legen, den Gegner mit einem über den Rasen sausenden Schildkrötenpanzer von den Stollen holen oder – klassisch – Bananenschalen im eigenen Strafraum platzieren. Gewinner ist-das ist wie im echten Leben -, wer die meisten Tore schießt. Doch da man „fünf gegen fünf spielt, ist die Koordination der Mannschaft übersichtlich und das Spielfeld nicht so proppenvoll. Und jetzt kommt der Clou: Durch gutes Passspiel lädt sich der Ball auf und wird zum gnadenlosen Geschoss. Wenn man jetzt mit dem Mannschaftskapitän einen so genannten „Megaball“ schießt, erscheint eine kleine Anzeige. Mit etwas Fingerspitzengefühl kann man so bis zu sechs schier unhaltbare Bälle auf einmal schießen und sich entspannt zurücklegen, während der Gegner mit dem Wii-Controller alle Hände voll zu tun hat, um das Gewitter abzuwenden. 5:0 in 10 Sekunden. Köstlich. Die drei auswählbaren Stadien sind teilweise ebenso irre wie das Spielprinzip: Orkane schleudern halbe Bauernhöfe aufs Spielfeld oder blasen die Spieler über den Rand hinweg, große Gesteinsbrocken fallen vom Himmel – dagegen bietet jeder Bolzplatz Traumbedingungen.
Man sieht: Jeder echte Fußballfan, der „seinen“ Sport humorlos verteidigt, wird bald den Tränen nah sein. Alle anderen können sich auf einen sehr großen Spaß gefasst machen.