Nicht schlafen, zuhören!


Die drei Jungs von The wombats drehen an der Temposchraube. Es gibt sie jetzt auch langsamer. Gar keine so schlechte Idee.

Sie sind die drei Liverpooler von nebenan. T-Shirt-und-Jeans-Typen, fast auffallend höflich und zurückhaltend im Gespräch. Nichts zu spüren von der plakativen Coolness, mit der sie auf dem Pressefoto spielen, oder einer Rockstar-Arroganz, die sie sich durchaus hätten antrainieren können, betrachtet man den Erfolg, den sie mit ihrem 2007er Debüt The Wombats proudly present A Guide To Love, Loss And Desperation hatten. Platin in Großbritannien, einen NME-Award für „Kill The Director“ und ausverkaufte Shows von London bis Tokio.

Sie gehörten zu den Gewinnern der zweiten britischen Indie-Welle. Aber natürlich wollen auch The Wombats gar nicht Teil einer Welle sein, schon gar nicht dieser, die allmählich verebbt: „Ich bin gelangweilt von dem Label. Mich erinnert das nur an Dinge, die vor fünf Jahren passiert sind. Ich würde unsere Musik auch nicht als Indie bezeichnen. Wir spielen verdrehten Pop“, sagt Sänger Matthew Murphy. Besonders verdreht klingen die Jungs auf The Wombats proudly present This Modern Glitch allerdings nicht. Ihre zweite, gleich von drei Profis – Rich Costey (Muse), Jacknife Lee (U2, REM) und Eric Valentine (Good Charlotte) – produzierte Platte wirkt sogar ziemlich glatt. Auf die eingängigen Tanzmelodien kann man sich verlassen, jedoch preschen die drei nicht mehr so vehement nach vorn. Murphy erzählt: „Uns fiel es einfacher, langsame Songs zu schreiben. Keine Ahnung warum, wir haben wohl einfach begriffen, dass die langsamen Wombats auch ihren Reiz haben.“ Wie ihr partywütiges Publikum das wohl findet? Bassist Tord Øverland-Knudsen, gebürtiger Norweger, gibt gleich eine Anleitung für die kommenden Liveshows: „Wir lassen die Leute und uns jetzt auch mal durchatmen. Zu einigen Songs könnte man sogar ganz gut ein bisschen schlafen.“

Ruhigere Lieder regen aber vielleicht auch zum aufmerksameren Zuhören an. Und dabei findet sich auch, was die Wombats tatsächlich ein wenig verdreht macht: ihre Texte. Skurrile Liebeslieder über Antidepressiva („Anti-D“) oder vorgegaukelten Techno-Enthusiasmus („Technofan“) schreiben sie. In dieser Parallelwelt trauen sich die drei Liverpooler von nebenan sogar mit zweifelhaften Fremden ins Stundenhotel: „I bet they charge by the hour here the kind of place where you should bring your own UV ray“, singen sie in „Jump Into The Fog“ und dann: „You don’t look that hygienic anyway“. Na sauber.

Albumkritik S.95