New Face: Chazz Palminteri


Das klobige Gesicht, der finstere Blick, die dunklen Maßanzüge – alles an Chazz Palminteri wirkt wie bei einem Mitglied der ehrenwerten Gesellschaft. Und tatsächlich hätte der 41jährige Italo-Amerikaner fast jenem mythenumwobenen Berufsstand angehört, dessen Fußsoldaten er derzeit im Kino bevorzugt verkörpert. Gangster, Mafioso, Wiseguy, Palminteri hatte die Wahl zwischen einer Karriere als Killer oder als Künstler. Doch dann entschied er sich für den schwierigeren Job. Rückblende: Palminteris harte Jugend in der Bronx. Wäre da nicht in den Sechzigern dieser sinnlose Mord direkt vor seinen Augen gewesen – vielleicht hätte er Gefallen am Verbrechen gefunden und wäre vom Botenjungen für lokale Kleinkriminelle zum Paten des Bezirks aufgestiegen. Doch als ein Mann wegen einer Nichtigkeit erschossen wurde, während er mit den anderen Knirpsen aus der Nachbarschaft ungläubig zusah, packte ihn die Angst. Sagt er jedenfalls heute. Aber vielleicht war es auch sein Vater, ein Busfahrer, der ihm damals die Flausen aus dem Kopf trieb und einen Satz sagte, den der Junior zum Gesetz erhob: „Es gibt nichts Schlimmeres als vergeudetes Talent.“ Woher wir das alles wissen? Aus Robert De Niros ‚In den Straßen der Bronx‘. Einer Geschichte, die Chazz Palminteri erst als Theaterstück, dann als Drehbuch geschrieben hatte, und in der er die furcht- und respekteinflößende Hauptrolle des obersten Good Fellas gab. ‚A Bronx Tale‘ (O-Titel) war ein Ticket aus der minderwertigen TV-Serienschufterei, und er tat alles, um diese Chance nicht zu verschenken. So lehnte er etliche lukrative Angebote ab, bis mit De Niro ein Mann kam, der den persönlichen Bezug der Geschichte begriff und den Neuling zum gleichberechtigten Partner bei der Produktion machte. Nach ‚In den Straßen der Bronx‘ war Palminteri ein gemachter Mann. Woody Allen besetzte ihn als grobschlächtigen Gangster, wofür er prompt eine Oscar-Nominierung bekam. Nacheinander drehte er die beiden dieser Tage startenden Thriller ‚Die üblichen Verdächtigen‘ und ‚Jade‘ – ersteres ein brillantes Stück in Tarantino-Manier, letzteres leider nur eine Arme-Leute-Version von ‚Basic Instinct‘. Aber was soll’s, denn die Verträge für seine nächsten fünf Filme hat Palminteri bereits unter Dach und Fach. Kann er sich in dieser Position noch verbessern? Allerdings. „Ich wäre froh“, sagt er ohne Ironie, „wenn man meine Straßen-Herkunft mal vergessen könnte und mir nicht nur Unterwelt-Parts anbietet. Ein Musical wäre nett.“ Moment mal, ein Musical? Und wie soll das heißen – „All That Chazz“? Dann doch lieber noch ein paar grimmige Gestalten aus der Gosse, denen er mehr (Herz-)Blut, Verstand und Spannung verleiht als es selbst echten Finsterlingen gelingen könnte…