Die beim letzten Mal an dieser Stelle erwähnte CD-Box THE BEATLES IN MONO aus dem Jahr 2009 hat eine wahre Welle an ähnlichen Veröffentlichungen nach sich gezogen. Seither wird in den Archiven der verschiedensten Labels fieberhaft nach Musik gefahndet, die ursprünglich in Mono aufgenommen wurde. Die kann dann getreu dem Motto „Back to Mono“, das eigentlich der Leitspruch des Produzenten Phil Spector gewesen ist, weil im Mono-Format sein Trademark-Wall-Of-Sound noch besser, weil undifferenzierter zur Geltung gekommen ist, neu- und wiederveröffentlicht werden. In diesem Falle: drei klassische Alben von MILES DAVIS vom Ende der 50er-/Anfang der 60er-Jahre. Sie markieren den Beginn der Zusammenarbeit des Trompeters mit dem Arrangeur und Dirigenten Gil Evans: MILES AHEAD von 1957, PORGY AND BESS (1959) und SKETCHES OF SPAIN aus dem Jahr 1960 (alle Columbia/Music For Vinyl/Cargo). Gegen den Zeitgeist des aufk ommenden Freejazz und der schon beendeten Bigband-Ära schrieb Gil Evans Miles Davis Orchesterarrangements auf den dünnen Leib, die dieser als Grundlage der wahrscheinlich lyrischsten und melodischsten Aufnahmen seiner über 40-jährigen Karriere benutzte. Primus inter pares : SKETCHES OF SPAIN. Wie immer zu loben: die originalgetreuen Reproduktionen des Artworks aus einer Zeit, in der noch Texte mit 10 000 Zeichen auf den Backcovers von Alben zu lesen waren. Und so schöne Sätze wie dieser: “ … you can purchase this record with no fear of its becoming obsolete in the future.“ Wie visionär, wir schließen uns dieser Aussage einfach an.
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Das einzige Problem bei der Musik der in Barcelona lebenden Kolumbianerin LUCRECIA DALT war bisher: man musste sie suchen, von allein fand man sie schwer. Wer ihre beiden Alben CONGOST (2011) und COMMOTUS (2012) haben wollte, konnte sie zum Beispiel direkt bei der Künstlerin bestellen, was unter Umständen einen netten E-Mail-Verkehr nach sich ziehen konnte. Jetzt aber hat Dalts Label Human Ear einen „richtigen“ Vertrieb, der ihr letztjähriges Album COMMOTUS (Human Ear/Cargo) in richtige Plattenläden stellt. Diese vertriebstechnischen Details sind ja eigentlich uninteressant und vermögen freilich nichts zu ändern an der Großartigkeit des Albums, das in einer Reihe steht mit den pop-experimentellen Großtaten von der mit Lucrecia Dalt befreundeten Julia Holter. Mit scheinbarer Leichtigkeit dekonstruiert die Musikerin die Mittel der Avantgarde (schwer) und schafft daraus eine Art Hyper-Pop (leicht). Perkussiv, repetitiv, minimalistisch, semi-elektronisch, dubbig, garantiert retromaniebefreit und einfach wunderbar.
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In den 1970er-Jahren war Günther Schickert Roadie und Tontechniker des Synthesizerpioniers Klaus Schulze. Als Musiker lotete Schickert auf den beiden Alben SAMTVOGEL (1974) und ÜBERFÄLLIG (1979) die nicht-rockistischen Möglichkeiten des Gitarrenspiels aus. Siebenunddreißigeinhalb Jahre nach ihren spontanen Aufnahmen am 26. September 1975 im Wohnzimmer von Klaus Schulze in Hambühren in Niedersachsen wird THE SCHULZESCHICKERT SESSION (Mirumir/Cargo) von KLAUS SCHULZE & GÜNTER SCHICKERT erstmals veröffentlicht. Wir hören das intensive und impressionistische Zusammenspiel von Synthesizer und Gitarre, die nicht wie eine Gitarre klingt. Proto-Ambient, Musik von zeitloser Qualität. 180-Gramm-Vinyl, Klappcover, Liner Notes in schlechtem Englisch.
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An anderer Stelle hatten wir bereits erwähnt, dass SHAKING THE HABITUAL (Rabid/Coop/Universal), das vierte Album des schwedischen Duos THE KNIFE, mit den Maßstäben, die in diesem Magazin normalerweise angelegt werden, kaum zu messen ist. In anderen Worten: Es ist eine mehr als eineinhalbstündige musikalische Exkursion an die äußersten Ränder des Pop-Universums, die mit dem Synthie-Pop, für den The Knife einmal standen, kaum noch etwas zu tun hat: Abstraktionen, Ambient, Neo-Classical – das 19-minütige „Old Dreams Waiting To Be Realized“ könnte auch von Jim O’Rourke, AMM oder den ganz frühen Tangerine Dream stammen. SHAKING THE HABITUAL bedeutet für 2013 das, was das Swans-Album THE SEER im vergangenen Jahr war: das überraschende musikalische Meisterwerk, das keiner auf der Rechnung hatte. Und das hat ein entsprechendes Format verdient. Ein dreifach ausklappbares Cover mit einem anderen Motiv als dem der CD und so dick, dass es in diese Plastikhüllen, in die Nerds wie du und ich ihre Platten stecken, nicht hineinpasst, drei 180-Gramm-Vinyle, dazu zwei CDs und zwei großformatige Poster mit einem Comic und den Songtexten.
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AUSSERDEM ERSCHIENEN
AUFGANG Istiklaliya (2 LPs +MP3) BIBIO Silver Wilkinson (LP + MP3) COCOROSIE Tales Of A Grass Widow DEERHUNTER Monomania FOUR TET Rounds LITTLE BOOTS Nocturnes MOUNT KIMBIE Cold Spring Fault Less Youth (2 LPs + MP3) THE NATIONAL Trouble Will Fill Me SCOUT NIBLETT It’s Up To Emma PEACE In Love PRIMAL SCREAM More Light RILO KILEY Rkives GREGOR SCHWELLENBACH Gregor Schwellenbach spielt 20 Jahre Kompakt (2 LPs + CD) SHE & HIM Volume 3
