Neben ihrer Vorliebe für Elektronik bekennen die Rockers HiFi sich auch zum lebendigen Ton


Glyn Bush geht’s nicht gut. Im Schädel hat er jenes Brummen, das man am Tag danach nun mal hat.“Wir waren gestern aus. Clubbin‘, you know?“ Wie der Laden hieß, hat die längere Hälfte der Rockers HiFi schon wieder vergessen – aber eines weiß Bush ganz genau: daß er sich heute nicht sodolle fühlt. „In unserem Alter ist das nicht mehr so einfach“, meint Glyn. Dann sagt er nichts mehr, grinst müde und schiebt noch ein großzügiges Gähnen hinterher. Dafür redet jetzt Dick Whittingham, der Grauhaarige der beiden Knöpfchendreher aus Birmingham. „Unser Alter hat aber nicht nur Nachteile. Wir sind keine Jungspunde mehr, und deshalb sind wir diesmal sehr bewußt an die Sache rangegangen.“ Genau das erzählt einem auch „Overproof“, das neue Album der Rockers. Die Platte hat einen feinen Flow und parkt – darin ihren Vorgängern nicht unähnlich – stilistisch gleich in ein mehreren Garagen. Luftige House-Beats, Reggae-Rhythmen, repetitive Electronica, Dub-Sounds mit viel Mut zur Lücke, Drum n Bass mit angezogener Handbremse – all das hat wieder seinen Platz auf der Festplatte der Thirtysomethings. „Aber wir haben natürlich auch Neues eingebaut. ,Overproof ist sicherlich diejenige unserer Platten, die den organischsten Sound rüberbringt. Die Bläsersätze im Opener .Hello Everybody‘ sind live eingespielt und sollen nach einer Latin Brass Section klingen. So, wie es schon Sly und Robbie auf einem Album gemacht haben, von dem mir jetzt der Titel nicht einfällt. Egal: Jedenfalls klingen die Bläser schön warm“, schwärmt Glyn.

Das ist wahr. Wahr ist allerdings auch, daß Glyn jetzt endgültig ein „Hallo wach“ gebrauchen könnte. Also übernimmt Dick, ohne daß man den Übergang merkt. „Es ist ja kein Geheimnis, daß wir Fans von analogem Equipment sind. Aber diesmal werden wir wirklich richtig Gas geben. Wenn im November die Tour ansteht, gibt’s eine echte Live-Performance: mit richtigen Instrumenten wie Schlagzeug, Keyboard und Baßgitarre. Wir selbst werden zwar meistens wieder an den Knöpfchen drehen und hinter unseren Tumtables stehen, sind aber genauso leibhaftig auf der Bühne wie Michael Jackson. Okay, wir werden sicher nicht ‚I love you‘ quieken. Aber sonst: It’s Rock ’n‘ Roll, man.“

Eine ebenso verwegene wie simple Selbsteinschätzung von Wittingham, die auf jeden Fall eines bewirkt: Kollege Bush ist wieder im Rennen. „Klar ist das Rock ’n‘ Roll. Und überhaupt muß man an das ganze High-Tech-Zeug mit einem gesunden Mißtrauen herangehen. Was du einprogrammierst, kommt nämlich längst nicht immer raus.“ Dick fällt auch noch etwas ein: „Ich hab‘ früher als DJ gearbeitet. Das könnte ich heute nicht mehr. Mir reicht es schon, wenn es bei unseren Gigs immer so fuckin‘ loud ist. Aber da gibt’s halt keine andere Lösung-that’s Rock ’n‘ Roll.“ Dann gähnt er wieder. Höchste Zeit also zu gehen. Schließlich sollen auch noch andere Fragensteller sehen, wie müde das Clubbin‘ machen kann.