ME CD Nr. 0910


Wir sind Helden ziehen weiter ihre Kreise, Gonzales bleibt sich und uns treu, Jamaica wagen das Coming-out, und Mr. E sieht endlich wieder den Himmel.

1. Wir sind Helden

„Kreise“

Zehn Jahre Wir sind Helden. Nicht schlecht, was? Auch nicht schlecht: ihr neues, viertes Album BRING MICH NACH HAUSE. Sogar schön toll und ganz reif, was die vier nach drei Jahren Pause da in den Berliner Tritonus-Studios unter der Regie von Ian Davenport (Supergrass, Badly Drawn Boy) aufgenommen haben. Alles zur meistwillkommenen Rückkehr im Deutschpop des Jahres in unserem großen Heldendossier. Dossier S. 70, Albumkritik S. 96, Konzertkritik S. 124

2. Eels

„Looking Up“

Mit seinem neuen Album schließt Mr. E eine Trilogie ab, die sich bislang durch teils fast schon morbide Klagelieder auf HOMBRE LOBO (2009) und END TIMES (1/2010) auszeichnete. Doch was kann nach der Endzeit nur kommen? Der vor Hoffnung strotzende Neuanfang! Nicht umsonst heißen die Songs des optimistischen TOMORROW MORNING unter anderem „In Gratitude For This Magnificent Day“ und „Looking Up“.

Story S. 15, Albumkritik S. 96

3. The Pipettes

„Call Me“

Earth vs. The Pipettes heißt das zweite Album der Britinnen. Irgendwie ist es aber ihr erstes. Vom Original-Line-up ist niemand übrig geblieben. Die neuen Pipettes sind die Schwestern Gwenno und Ani Saunders (die erste kein Gründungsmitglied, allerdings schon beim Debüt dabei, die zweite ganz neu). Aus den Pipettes ist nicht nur personell eine andere Band geworden, sondern auch musikalisch. Die 60s-Girlgroup-Nostalgieshow hat sich zu einer 80er-Revuenummer gewandelt.

4. Jamaica

„I Think I Like U 2“

Haben die House-Schwergewichte Xavier de Rosnay (Justice) und Peter Franco (Daft Punks Audio-Supervisor) da etwa den leichtgewichtigen Sommerhit des Jahres produziert? Ja, unbedingt. Sie haben die Single der Newcomer Jamaica sowohl auf Airplay- als auch Clubtauglichkeit getrimmt und dürfen nun stolz mit ansehen, wie der Song aus den Radios an roten Metropolen-Ampeln wartender Cabrios pumpt.

Radar S. 29, Albumkritik S. 100

5. !!!

„AM/FM“

Da zieht man für Teile einer Produktion nach Berlin, um die ach so dunkle Atmosphäre dort entstandener Platten von Bowie und Pop einzufangen. Und dann? Dann nehmen diese Experimentalisten dort ihr bislang zugänglichstes Album auf: Die 25 Prozent von STRANGE WEATHER, ISN’T IT?, die im Keller eines Berliner Clubs entstanden, sind vom Minimal-Techno der Stadt inspiriert. Der Rest entstammt wie gehabt den beiden Bandlaboren in Sacramento und New York, sodass !!! immer noch wie !!! klingen.

Albumkritik S. 100

6. Chilly Gonzales

„Never Stop (Rap Mix)“

„I don’t make hits, I take risks / And make flops like floppy-disks / I still stay professional and not sloppy / Try to be original and not a photocopy“, beschreibt der große Gonzo auf diesem Remix der ersten Single seines neuen Albums IVORY TOWER seine Lage. Welche höhere Macht hat diesen Mann nur zu ewigem Kultstatus verdonnert? Und hat sie das überhaupt? Gelingt mit der neuen, von Boys Noize produzierten Platte endlich der lang verdiente Durchbruch?

Story S. 12, Albumkritik S. 94

7. Marteria

„Endboss“

Wenn Marteria mal nicht die Lücke füllt, die Peter Fox zu hinterlassen angedroht hat: Über Super-Mario-Samples und Harold-Faltermeyer-Synthies rappt der 27-Jährige auf „Endboss“, dem Opener seines neuen Albums ZUM GLÜCK IN DIE ZUKUNFT, für das dasselbe Produzententeam wie für Fox‘ STADTAFFE, The Krauts, verantwortlich zeichnet. Marterias Mentor Jan Delay bezeichnete die Platte bereits als „das beste deutschsprachige Hip-Hop-Album, das in den letzten Jahren erschienen ist“. Kann da noch was schief gehen?

Story S. 14, Albumkritik S. 103

8. Philip Selway

„A Simple Life“

„Es schüchtert dich schon ein, wenn du mit einem der anerkannt besten Songwriter der Welt in einer Band spielst und dich auch mal am Songschreiben versuchen willst“, sagt Radiohead-Drummer Philip Selway über den Entstehungsprozess seines Solo-Debüts. Dabei präsentiert sich familial (übrigens auch von Ian Davenport, siehe Wir sind Helden, produziert) als souveränes, versiertes Folkpop-Album, das keine Angst vor dem riesigen Schatten Thom Yorkes haben muss.

Albumkritik S. 106

9. Hellsongs

„Welcome To The Jungle“

Zu unserem Coversongs-Special: Ein weiterer Beweis für die These, dass Guns N‘ Roses eben doch viel mehr als nur Hairmetalmachos „waren“, die die Vermarktung vor den Song stellten. Und ein weiterer Beweis für die Nicht-Existenz eines Naturgesetzes, das da besagt, dass Coverversionen populärer Hardrockschlager stets auf dem Haha-Humorverständnis von The Bosshoss, Hayseed Dixie oder The Baseballs zu fußen haben.

Albumkritik S. 98

10. Mexican Elvis

„Friends“

Fünf Jahre arbeiteten die drei Münchner und ihr Londoner Sänger an ihrem Debütalbum. Nach zwei hotly tipped EPs und einer Doppel-A-Seiten-Single ist es nun vollbracht: ein Fünf-Sterne-Album, das Softrock zu seinen Wurzeln zurückführt. Denn was ist schließlich schlimm daran, zart zu sein? Und was kann der Softrock denn für REO Speedwagon? Ebenso wenig wie der Metal für HIM und der Reggae für Shaggy.

Albumkritik ME 8/10

Produktion Stephan Rehm