Harsche Botschaften in feinster klanglicher Verpackung – das war die Rezeptur, mit der Marvin Gaye mit What’s Going On aus der ihm überdrüssig gewordenen Rolle als samtstimmiges Sexsymbol der schwarzen Popmusik ausbrach und ihr eine neue musikalische und gesellschaftliche Perspektive eröffnete. Seit Gayes Bruder Frankie im Jahr 1967 traumatisiert von seinem Mihtäreinsatz in Vietnam in die USA zurückgekommen war, hatte sich Marvin Gaye zunehmend mit den gesellschaftlichen Realitäten der US-amerikanischen Black Community auseinandergesetzt: eben dem Vietnamkrieg, der Verelendung der Ghettos in den US-Großstädten, der Gewalt gegen die Bürgerrechtsbewegung, der Umweltverschmutzung – all das thematisierte Marvin Gaye nun auf diesem Album in Songs wie dem Titeltrack, „Mercy Mercy Me“ und dem „Inner City Blues“. Dazu inszenierte er die suitenartig ineinander greifenden Lieder auf What’s Going On mit kunstvollen Gesangsarrangements, raffiniert geschichteten Streicherklängen, dichter afrikanischer Percussion und jazzigen Bläserriffs zu einem so anspruchsvollen wie verführerischen Gesamtereignis.
