Kritik

„Lupin” (Staffel 1) bei Netflix: Smarte Gentleman-Tricks ohne echtes Mitfiebern (Kritik)


Dieser Typ hat es einfach drauf! Netflix schickt Omar Sy („Ziemlich beste Freunde“) als sympathischen Trickser mit ausgetüfteltem Plan durch Paris. Clevere Moves und handfeste Action machen die französische Serie zum reißerischen Neustart, dem es allerdings etwas an Fingerspitzengefühl fehlt.

Es gibt drei Typen von Männern: Ritter, Barbaren und Gentlemen. Während erstere ihren Plan mit stumpfer Engstirnigkeit verfolgen, besitzt der Gentleman das Gespür, günstige Gelegenheiten für sich zu nutzen. Assane (Omar Sy) ist so ein Typ, der dabei mit Stil und Charme seine eigene Definition von Gerechtigkeit formuliert. Denn seine Coups liegen meist fernab von Gesetz und Ordnung: Um das Unrecht an seinem Vater zu rächen und dessen Unschuld an einem vergangenen Verbrechen zu beweisen, tüftelt Assane einen undurchschaubaren Plan aus, der im Pariser Heiligtum Louvre beginnt. Doch der spektakuläre Raub eines millionenschweren Colliers ist erst der Anfang eines weitverzweigten Rachefeldzuges.

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Die ersten fünf Folgen der französischen Eigenproduktion wirken wie eine Hommage an Danny Ocean und seine Truppe aus den frühen 2000ern. Der clevere Plan, das smarte Auftreten und die Tatsache, dass nichts ist wie es scheint, lassen Erinnerungen an die Bande rund um Schauspieler George Clooney wach werden. Schon allein der spannende Auftakt im Louvre und die anschließende Aufklärung machen deutlich, auf welche Art von Krimi sich Zuschauer*innen freuen können. Doch statt einer ganzen Mannschaft mit verschiedenen Fachgebieten ist Hauptfigur Assane Diop (Omar Sy) auf sich allein gestellt.

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Für den ehemaligen Waisen kein Problem, da er sich als Kind schon allein mit den Ungerechtigkeiten des Lebens in Heimen und Internaten auseinandersetzen musste. Seine einzige Hilfe: der Roman „Arsène Lupin“. Das Buch von Maurice Leblanc ist nicht nur Rettungsanker für den Jungen, sondern Inspiration zugleich. Die Tricks des Verwandlungskünstlers bilden die Grundlage für das neue Leben, das sich Diop über die Jahre aufbaut und ihn zum erfolgreichen Gentleman-Gangster werden lassen.

Schau genau hin

Die Briten lieben Sherlock Holmes. Die Franzosen vergöttern Arsène Lupin. 1905 veröffentlichte Maurice Leblanc die erste Geschichte um den edlen Dieb, der nun Basis für die neue Netflix-Eigenproduktion ist. Von einer reinen Nacherzählung der Story sehen die Macher dabei jedoch ab: Statt die Figur in die Gegenwart zu verfrachten und nach Vorbild der BBC-Serie „Sherlock“ zu modernisieren, dient die Vorlage als Inspirationsquelle für Assane. Nach den Motiven des historischen Diebes spinnt das moderne Schlitzohr seine eigene Geschichte.

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Der Raub im Louvre, ein Gefangenenaustausch vor den Augen der Wärter oder die vorgetäuschte Entführung des Inspektors sind nur einige Ablenkungsmanöver vom großen Ganzen. In Rückblenden gibt Drehbuchautor George Kay („Criminal“) Stück für Stück die verworrene Vergangenheit von Assane preis und liefert in kleinen Dosen Aufklärungsarbeit. Was auf den ersten Blick als straighter Plan wirkt, entpuppt sich nicht selten als twistreiche Sackgasse mit Falltür. Besonders der selbst gewählte Einzug Assanes ins Gefängnis, bei dem er als Besucher kommt und als Gefangener bleibt, offenbart die Prämisse der Serie: Genaues Hinsehen schadet nicht!

Glattes Gaunerstück ohne Kante

So unterhaltsam die Rätselstunde aus Frankreich auch sein mag und mit Omar Sy ein echter Publikumsliebling verpflichtet wurde, stolpern die fünf Folgen über ihre Lässigkeit. Etwas mehr Tiefe und Herz hätte dem Drehbuch nicht geschadet, um die Fallhöhen und Konsequenzen dramatischer zu gestalten. Bis zum Finale läuft für den Gentleman alles reibungslos nach Plan, bis der erste große Fehler den vorläufigen Cliffhanger der Serie markiert. Ein paar konsequenzenreiche Hürden innerhalb der Story hätten den Eindruck, dass Assane über den Dingen steht, deutlich gemindert. Auf Figurenentwicklung oder liebenswerte Sidekicks wird verzichtet.

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Was bleibt, sind charmante Knobeleien, die sich mit gut inszenierten Kampfszenen und optisch beeindruckenden Verfolgungsjagden auf der Straße oder auf den Dächern von Paris abwechseln. Mit Regisseur Louis Leterrier, der für die ersten drei Folgen auf dem Regiestuhl Platz nahm, verpflichteten die Macher der Serie keinen unbekannten Landsmann. Schon mit „Die Unfassbaren – Now You See Me“ oder „The Transporter“ sorgte er mit Magie und Action für spannungsreiche Momente auf der Leinwand. Ein Talent, das in „Lupin“ zweifelsfrei zur Geltung kommt, aber den Feinschliff am Drehbuch vermissen lässt. Als Komplize lässt man sich als Zuschauer*in beim unterhaltsamen Gaunerstück dennoch gern einspannen.

Teil 1 von „Lupin“ ist seit 08. Januar 2021 bei Netflix im Stream verfügbar. Die weiteren Folgen der ersten Staffel sollen im Laufe des Jahres folgen.

Netflix, Emmanuel Guimier