Lordz Of Brooklyn
Nur gut hundert Unverdrossene hatten sich an diesem überaus trüben Abend durch den Hamburger Nieselregen aufgemacht, um im ungemütlichen MarX-Club – dem kleinen Bruder der berühmten Markthalle – die Lordz Of Brooklyn zu sehen. Da hatte das Vorprogramm nichts zu bestellen: rasender Punk ä la Green Day – nichts für die Fans von feinstem Rap der Alten Schule. Also lungerten die überwiegend männlichen Kids in ihren House of Pain-T-Shirts biertrinkend auf den Treppen des Clubs rum und bestaunten 1.500 hereinströmende Radiohead-Fans – denn nebenan in der Markthalle sollten die englischen Radiohead zur lautstarken Bedrohung für die Lordz of Brooklyn werden. Aber die sind cool und als waschechte New Yorker Konkurrenz gewohnt.
Als um 22 Uhr das Licht ausgeht, klemmt sich zunächst Darren Miller hinter seine Turntables und putzt seelenruhig die Systeme, bevor er sie installiert und den scheppernden Sound in Gang setzt. Wie Ping-Pong-Bälle springen vier kleine Kerle auf die Bühne, die mit ihren Mafioso-Schnauzbärtchen, 70er Jahre-Lederjäckchen und kleinen schwarzen Fedoras auf dem Kopf aussehen wie Komparsen aus einem Spaghetti-Western. Doch die vier Herren machen ihr optisches Kasperltheater durch schroffe Raps und harte Statements wett: „Sollen Radiohead ruhig nebenan spielen“, dröhnt Chef-Schnauzbart Kaves. „Wir spielen hier jetzt die Bude nieder.“ Yo! Die Ansage wirkt und reißt das versprengte Häuflein Fans aus der Lethargie. Zwar sind die hardcorigen Rap-Kaskaden kaum verständlich, aber trotzdem weiß jeder sofort, worum es geht. Die schwitzenden Maccaroni-Machos Kaves, Paulie Two Times, Chief-Rapper ADmoney und Dino Cerillo schwärmen gemäß ihrem Album ‚All In The Family‘ von ihren Mamas, geben Tips, wie man Frauen aufreißt, Rivalen unschädlich macht und Schlägereien anzettelt. Kaves und Co. agieren zu metallischen Grooves so aggressiv, daß man Angst haben muß, eine Bierflasche über den Schädel zu kriegen. Doch ADmoney schlägt nicht, er verteilt die Gerstenbrühe sogar an die hüpfende Meute. Richtig tumultig wird’s bei ‚Saturday Nite Fever‘ zum Bee Gees-Sample. Prügelei statt Disco-Dancing – so amüsiert man sich in Brooklyn. Das Tempo können die Jungs nicht durchhalten. Zweimal müssen sie zum Luftholen die Bühne verlassen. Nach chaotischem Freestyle-Finale ist der Spuk nach 50 Minuten abrupt beendet. Die Lordz hatten ihren Spaß und steigen zufrieden von der Bühne. Die Kids hingegen sind geteilter Meinung und stänkern vereinzelt: No real Shit!