Livebericht Coldplay 2009
Coldplay machten hierzulande für drei Open-Air-Termine Halt. MEporter Johannes K. war in der Düsseldorfer Esprit-Arena und schildert seine persönlichen Eindrücke der "Viva La Vida"-Tour.
Es ist das Jahr 2000. Ein unscheinbar wirkender Mann, der auch als „Erdkundelehrer“ (Liam Gallagher) durchgehen würde, tritt vor eine überschaubare Menge an Besuchern des englischen Glastonbury Festivals und stellt seine Band vor: „I don’t know if you’ve ever heard of us, but we’re called Coldplay.“ Die folgenden Worte sind bezeichnend für das, was noch vor ihnen liegt: „It’s great that you’ve come to see us now, you know, before we go like Bon Jovi-massive.“Nun, fast 10 Jahre und 35 Millionen Platten später, weiß man, dass diese Prophezeiung wahr geworden ist. Coldplay sind vom Britpop-Geheimtipp zur absoluten Konsensband des aktuellen Jahrzents geworden.An einem warmen Augusttag pilgern rund 44.000 Fans in die Düsseldorfer ESPRIT-Arena zur „Viva La Vida“-Tour unter freiem Himmel. Supportacts sind die Kilians sowie die australischen Indie-Rocker Howling Bells, die Coldplay auch schon auf ihrer Nordamerika-Tour begleiteten. Mittlerweile ist es dunkel und kollektive Vorfreude ist zu spüren. Aber dem geöffneten Dach des Stadions wird der dunkle Abendhimmel zum Teil einer atemberaubenden Kulisse. Riesige, illuminierte Ballons hängen wie Lampions vom Dach. Die opulente Bühne ist in ein warmes Licht getaucht und unter „Life In Technicolor“ laufen Chris Martin (Gesang, Klavier, Gitarre), Jonny Buckland (Gitarre), Will Champion (Schlagzeug) und Guy Berryman (Bass) unter frenetischem Applaus ein.Nach „Violet Hill“ und der nicht ganz akzentfreien Begrüßung („Guten Abend meine Freunde, wie geht´s?“) gibt es gleich drei Klassiker („Clocks“, „In My Place“, „Yellow“) hintereinander, die noch immer berühren und mit der gleichen Spielfreude wie eh und je zelebriert werden. Keine Anzeichen von Routine. Überhaupt funktionieren die Songs der beiden älteren Perlen PARACHUTESund „A RUSH OF BLOOD TO THE HEAD am besten. Gelbe Riesenluftballons zu „Yellow“ und gigantische Lichteffekte unterstützen die Songs ungemein und zeigen wieder einmal eindrucksvoll Coldplays Werdegang von der Britpop-Sensation zur wahrscheinlich größten Live-Band der Welt.Zu den neuen Songs des Albums VIVE LA VIDA OR DEATH AND ALL HIS FRIENDS gesellen sich ebenso Piano-Versionen von „The Hardest Part“ oder das rein instrumentale „Postcards From Far Away“, die auf einem der 20 Meter langen Laufstege im Publikum gespielt werden. Die sphärische Gitarre Bucklands, die wie kaum eine andere, eine unverwechselbare Intimität in die Arena zaubert, ergänzt sich nur zu gut mit Chris Martins wehleidiger Stimme.Doch dieser grade zu eskapistische Moment der Stille und Andächtigkeit währt nicht lange. Die Staccato-Streicher setzen ein.“Viva La Vida“, der Song, mit dem Coldplay nebst U2 endgültig in der Stadionrock-Superklasse angekommen sind, falls sie es nicht schon vorher waren, wird zur Hymne des Abends. Man hat den Eindruck, die Mehrzahl der Besucher, hat nur auf diesen Moment gewartet. Immer wieder stimmen 44.000 Kehlen die „Viva La Vida“-Gesänge an. Dies ist wohl nicht jedermanns Sache, aber es sei ihnen vergöhnt.Anschließend werden „Til Kingdom Come“, „Death Will Never Conquer“ und Michael Jacksons „Billie Jean“ akustisch auf einer kleinen Bühne mitten im Publikum, das sich in ein Handy-Meer verwandelt, gespielt.Diese unprätentiöse Art steht im kompletten Gegensatz zur bombastischen Show mit Feuerwerk und Papierschmetterling-Regen bei „Lovers in Japan“.“The Scientist“ wird als Zugabe zum absoluten Höhepunkt. Kein Song auf der Welt kann einen gleichzeitig so zu Tränen rühren und mitreißen. Noch nie passten Simplizität und Pathos besser zusammen.Zum Schluss gibt es noch Martins abschließende Worte:“Myself and the rest of the band Coldplay, we’ve just been talking backstage and we agreed that you’re one of the best audiences we have ever seen in our lives.“ Man glaubt es ihm.
Johannes K. – 02.09.2009