Leonard Cohen – Songs Of Leonard Cohen
Es ist eine seltsame, bunte Zeit, die späten 60er. Die Helden der Gegenkultur sind jung, rebellisch, wollen sich um jeden Preis von der Gesellschaft abgrenzen: mit schrillen Klamotten, schrägen Ritualen, abgefahrener Musik. Da nimmt sich jemand, der einen mit Schlips. Kragen und kurzem Haar vom Cover seines Debütalbums anblickt, wie ein Sonderling aus. Nichts anderes ist Leonard Cohen aus Montreal, ein Poet, Romancier („The Favourite Game“) und Songschreiber, der 1966 eines seiner Lieder Folk-Ikone Judy Collins am Telefon vorsingt. Die bringt prompt eine zu Herzen gehende Version von „Suzanne“ auf ihrer LP In My Life unter und den 32-jährigen Cohen auf die Idee, die Schreibmaschine gegen die Gitarre zu tauschen. Noch muß er sich fragen lassen: „Sind Sie nicht zu alt für dieses Spielchen?“
Doch sein Auftritt beim Newport Folk Festival begeistert den Dylan-Entdecker. Produzenten und Musiker John Hammond derart, daß sich Cohen wenig später im New Yorker CBS-Studio wiederfindet und seine Lieder aufnimmt: Lieder von unglaublicher melodiöser Kraft, mit Texten, die poetisch sind, klug, weise, bisweilen von biblischer Wucht, sich um Liebe drehen. Tod, Verrat, Vergänglichkeit. Eine Akustikgitarre, eine sonore Stimme, wohltönende Frauenchöre, sanfte Streicherarrangements: Mehr Aufwand ist nicht nötig für SONGS OF LEONARD COHEN. Blaupause für so viele Singer/Songwriter-Alben, die da kommen werden. „Aufgepaßt, Dylan!“ soll Hammond bei den Sessions begeistert ausgerufen haben. Noch Jahre später malen Backfische Zeilen aus „Suzanne“, „Sisters Of Mercy“ und anderen düsteren Cohen-Elegien in ihre Tagebücher. Leonard Cohen hat nie irgendwo dazugehört, und ist, mittlerweile 70, immer noch da: elegant. Ungebeugt. Ein Fremder in einer fremden Welt.
Aufgenommen: Herbst 1967, CBS, New York
Produzent: John Simon Beste Songs: „The Stranger Song“, „So Long, Marianne“, „Suzanne“
Höchste Chartsposition USA: 83