Killer von nebenan


Alfred Hitchcock hat es mit seinem Thriller „Psycho“ praktiziert: Weltweit wurden die Kinos angewiesen, nach Beginn der Vorstellung niemanden mehr einzulassen. Es war nichts als ein Werbe-Gag.

Ganz anders in diesem Fall: Die erste Szene bringt den Hammer! Für notorisch Unpünktliche — hier ist sie: Schauplatz ist das Badezimmer eines Einfamilienhauses. Im Waschbecken wäscht ein etwa 35jähriger Mann (Terry O’Quinn) seine blutigen Hände. Dann geht er unter die Dusche rasiert sich seinen Bart, schneidet die langen Haare kurz, zieht ein frisches Hemd, Schlips und Anzug an und verläßt das Bad. Er steigt die Treppe hinunter, durchquert das Wohnzimmer — und hier bietet isch ein grauenvoller Anblick: Die Wände blutverschmiert, grausam abgeschlachtete Leichen — offensichtlich seine Familie — liegen herum. Ers teigt über sie, verläßt das Haus. Draußen atmet er tief durch und verläßt das Grundstück — ab in ein neues Leben.

In einer Kleinstadt an der Westküste läßt er sich kurz darauf unter dem Namen Jerry Blake als Häusermakler nieder. Und er macht sich auf die Suche nach einer neuen Familie — der perfekten Familie. Er lernt eine junge Witwe kennen, bald wird geheiratet. Man zieht in ein hübsches Haus, im Keller richtet sich Jerry einen Bastelraum ein, in dem er niedliche Vogelhäuser zusammenhämmert. Alles scheint bestens, wenn da nicht die 16jährige Tochter Stephanie (Jill Schoelen) wäre. Sie trauert ihrem toten Vater hinterher und ist deswegen in psychotherapeutischer Behandlung. Ihrem neuen Stiefvater mißtraut sie zutiefst — erst recht, seitdem sie ihn einmal bei einem Tobsuchtsanfall im Keller beobachtet hat. Sie weiht ihren Psychiater ein…

Vom grandiosen Anfangsschock an läßt einen die unheimliche Spannung in diesem Thriller nicht mehr los. Jeder wartet auf den Moment, in dem Papa wieder ausrastet. Und wenn es dann losgeht, wird es fast unerträglich. „The Stepfather“ (Regie: Jerry Rüben) ist nicht „nur“ eine gut gebaute Horror-Story, sondern eine intelligente dazu: herrlich fiese Seitenhiebe auf den American Way of Life, auf trautes Vorstadtglück mit doppeltem Boden, und was dahinterstecken kann…