Kein Herz für Tiere


Sie macht Frauen stark und Männer schwach. Neneh Cherry sortiert Kräfte und Mächte im Kampf der Geschlechter neu.

Für mich war es als Frau immer wichtig, meine Sexualität zu bewahren. Manchmal mußte ich im Verlauf meiner Karriere stärker auftreten, als ich tatsächlich bin. Doch im Grunde glaube ich, um eine .starke Frau‘ zu sein, muß man mindestens 40 Jahre alt sein. Ich lerne noch, wir alle in dieser Generation müssen noch viel lernen. Etwa daß es manchmal ein Zeichen von wahrer Stärke ist, sich schwach zu zeigen. Man muß auch in der Lage sein, zu sagen „Bitte, nimm mich in den Arm“ und darf nicht nur an dieses. — wie ich es gerne nenne —. „Mutter-Natur-Syndrom“ glauben: „Ich kann die Welt auf meinen Schullern tragen, ich kann meinen Mann auf meinen Schultern tragen, und wenn er mich verläßt, ist es auch egal…“

Ich lebe mit einer Menge Männer zusammen.

und sie haben auch ihre schwachen Tage. Nicht so regelmäßig natürlich, aber jeder, ob Mann oder Frau, unterliegt hormonellen Schwankungen. Manchmal muß man eben ganz unten sein, nur um wieder hochzukommen. Man muß sich das erlauben, sonst mutiert man zum Roboter. Vor allem bei Männern bedingt der fehlende Freiraum für Schwäche eine Menge Aggressionen. Männer dürfen sich nicht gehen lassen, Frauen verbieten es sich heute selbst.

Ich bin keine Feministin. Die Bewegung hat sehr viel für uns Frauen getan, aber sie hat uns gleichzeitig nur in eine Richtung gedrängt, weg davon. Mutter zu sein, sich sexy zu fühlen oder sich auch manchmal nur wie eine Schlampe zu benehmen. Die einzige Maxime war „Wir können genauso stark sein wie Männer.“

Frauen sollten heute Rückschritte wagen, und die Empfindungen akzeptieren, die jede Frau braucht. Jede Frau braucht ein Gefühl für ihren Körper, für ihren Sex. Und manchmal macht es eben Spaß, eine Schlampe zu sein. Ich finde es gut. wenn Frauen ihren Mann stehen. Ich kann genauso derb reden wie jeder Typ. Und ich kann es nicht leiden, wenn Typen verstummen, nur weil ich den Raum betrete. Wenn sie über Mädchen reden, möchte ich mitreden. Ich habe mich früher auch geärgert, wenn mein Mann einer anderen Frau nachgeschaut hat. Aber das will ich nicht mehr. Ich sehe gern schöne Frauen, und wir sollten in der Lage sein, das mit unseren Jungs zu teilen. Sonst finden wir irgendwann Pornohefte unter ihrer Bettdecke und kommen uns beschissen vor. weil wir glauben, daß diese Bilder ihnen mehr geben können als wir. Ich treibe die Schweinereien mit meinem Mann lieber selber, daß gehört für mich zu einer funktionierenden Beziehung. Alle Verklemmungen sind nur ein Grund mehr dafür, daß Frauen und Männer sich nicht richtig unterhalten können. Das ist unser aller Schuld. Wir haben Männer aus unserer Welt genauso ausgeschlossen wie sie uns aus ihrer. Ich weiß, daß irgendwo in mir auch eine Junge steckt, und dazu stehe ich. Es ist mir egal, wenn ich breitbeinig dasitze, ich kann zur selben Zeit immer noch eine Lady sein. Aber die meisten Leute haben Schwierigkeiten, damit umzugehen.

Wir könnten unser ganzes Leben damit zubringen, zu überlegen, was Männer und Frauen tatsächlich denken, wenn sie miteinander reden. Alle Fragen in Sachen Sexualität und Geschlechterkampf werden uns immer begleiten. Ich versuche, Vorbelastungen und Rollenmodelle für mich persönlich auszuschalten. Es gibt genug Frauen, die ihre ganze Existenz auf ihren Sex-Appeal reduzieren und mit Männern nicht reden können, ohne sie dabei anzumachen. Ich kann mir ohnehin nicht vorstellen, daß jemand auf mich steht, und wenn, dann versuche ich das zu ignorieren. Ich habe immer versucht, mit Jungs Freundschaften zu schließen. Und selbst wenn ich dabei etwas anderes gespürt habe, dachte ich immer, ich muß in erster Linie in der Lage sein, mit ihnen zu reden, sonst bekomme ich gar nichts in den Griff.

Wir Frauen sind in einer seltsamen Lage, weil wir wissen, daß wir die Macht haben, jeden Mann sexuell zu erregen. Frauen wissen, was sie tun müssen, damit er einen Ständer bekommt, Männer sind in der Beziehung nunmal wehrloser als wir. Aber ich verabscheue es, wenn Frauen diese Macht mißbrauchen. Das heißt natürlich nicht, daß Frauen ihren Körper nicht zeigen sollten, Männer sollten auch mit einer Frau umgehen können, die einen tiefen Ausschnitt trägt. Nur die Art, mit der Frauen das manchmal machen, macht mich verrückt. Ein Wunschbild nachzuahmen, ist einfacher, als die eigene Identität zu finden. Als Kind spielen alle Mädchen .Feinen Dame‘. Ich spiele dieses Spiel auch heute noch manchmal, aber nur aus Spaß — und hohe Schuhe trage ich am liebsten im Bett!!!