Kähni, Saftschän und die Liberteins
Wer in den Popcheckerdiskurs einsteigt, sollte fehlerfreie Namensdrops parat haben, findet Josef Winkler
Wenn das so weitergeht, müssen die auch bald eine Übergangsregierung installieren: Weil sich kein freiwilliger 1-a- oder -b-Moderator für „Wetten dass ..?“ findet, gibt’s jetzt schon Bewerbungen aus dem dritten Glied, und ich hab’s bereits wieder vergessen, wer war das jetzt noch: Carsten Spengemann? Karsten Speck? Holger Speckhahn? Ich hab die nie auseinanderhalten können, ich muss sogar nur GANZ leicht flunkern, um behaupten zu können: Ich hab die immer für ein und dieselbe Person gehalten. Aber Namen sind ja nur Schall und Rauch, und ja: freilich stimmt das nicht, vor allem nicht im Popgeschäft. Und schon gar nicht im Popcheckergeschäft.
Im Popcheckergeschäft ist das Parathaben von möglichst vielen und möglichst korrekt jonglierten resp. gedroppten Namen ja quasi das Grundkapital für die Teilnahme im Popcheckerdiskurs. Es ist in der Popcheckerei einfach wichtig, dass die Aussprache stimmt, und nicht mal bei notorischen Härtefällen wie „Kähni“ vs. „Kahniäi“ West, Bon „Eiver“ vs. Bon „Ivehr“ und „Saftschän“ vs. „Safjähn“ Stevens sollte man da in Zeiten der Googlebarkeit von ALLEM noch auf viel Nachsicht hoffen. Darum machte es mich doch stutzig, als ich letzthin eine ganze Woche lang das Moderatorenteam eines gemeinhin vertrauenswürdigen Popcheckerdiskursradios anlässlich von Eleanor Friedbergers Soloalbum immer wieder von der Band „Fiiri“ Furnaces reden hörte. Mit langem „i“ statt „ei“, was natürlich der totale Widersinn ist, kommt „fiery“ doch von „fire“ und logischerweise … Ach, das wissen Sie eh. Jedenfalls wurde mir beim Zuhören schier die Birne pelzig, und ich rechnete ständig damit, dass jetzt gleich noch einer mit den „Liberteins“ ums Eck kommt. Nach all den Jahren.
Wie bizarr man einen Bandnamen ausspricht, kann natürlich auch ein Statement sein. Der einstige Co-Chefredakteur dieses Magazins (more power to Andi Kraatz!) etwa machte sich einen Sport bzw. eine persönliche Note daraus, die damals sozusagen angesagte Band H-Blockx nicht „Äidsch-Blox“ sondern „Äidsch-Block-Ix“ zu nennen. Und ex-Bildredakteurin Hannelore (oh Hannelore!) sagte immer Sachen wie Pearl „Tschäim“ statt „Tschäm“, was ich schätzte, zumal Hannelore des Popcheckertums angenehm unverdächtig war.
Gefährdeter da im Rückblick schon der Kollege, der zu einer Zeit, da dieser noch kein so Haushaltsname war, den Street-Art-Künstler Banksy falschrum sagte, nämlich: Bansky. Eine Zeitlang hatten wir den Namen dann alle so drin, weil wir’s ja selber nicht rafften. Nach und nach aber fiel bei jedem individuell der Groschen und ohne, dass sich jemand eine Blöße hatte geben müssen, wurde aus Bansky auch in unseren Reihen der Banksy.
Aber auch, wer nur Scherz treibt, muss aufpassen. Dazu noch ein Fall aus alten ME-Tagen. Eine junge Kollegin von einem der verlagsbenachbarten Teenietitel war in unser Büro – also: zu uns Popcheckerexperten am Ende des Flurs – gekommen und hatte sich nach einem Faktum bezüglich des Sängers Bob „Dailen“ erkundigt. Sie sprach das „y“ in „Dylan“ aus wie man das eben sonst so tut im Englischen, siehe „Why cry, Kyle Tyler?“ Wir wiesen sie – selbstredend gentlemanlike und zu 100 Prozent hämefrei – auf ihren Irrtum hin. Die Aussprache „Dailen“ für Bob Dylan gefiel uns aber so gut, dass wir sie uns zunächst als Gag im internen Gebrauch angewöhnten, bis sie uns so in Fleisch und Blut übergegangen war, dass keiner mehr so richtig unter Kontrolle hatte, wann und ob er sie auch mal gegenüber uneingeweihten Außenstehenden verwendete. Und da wird’s dann gefährlich, da kann der Nimbus des Popcheckerexperten schnell empfindlichen Schaden nehmen. Ehe man sich’s versieht, verliert man seinen edge. Und die Kids drängen ja immerzu von hinten nach … Was ich eigentlich sagen will, ist: Das heißt „FEIRI“ Furnaces, Herrgott!
P.S.: Und nein, ich selbst habe nie irgendetwas falsch ausgesprochen, sonst stünde die Anekdote ja hier drin, gell?