John Mayall
John Mayall, Entdecker vieler musikalischer Superstars, hat wieder einmal eine Anzahl fähiger Musiker um sich herum versammelt, mit denen er vorigen Monat auf Deutschland-Tournee war. Schwer zu sagen, wie oft Mayall im Laufe der Jahre seine Bands gewechselt hat. Sicher nicht weniger als ein Dutzend Mal. Für viele Musiker würde sich eine derartige konstante Veränderung negativ auswirken. Für Mayall nicht. Im Gegenteil, gerade diese ständig neuen Einflüsse befähigen ihn dazu, immer wieder neue Interpretationen seines Blues' zu bringen. Seine Musik ist sehr variabel und hat dennoch nie ihre persönliche Note eingebüsst.
John Mayall ist ein Autodidakt
Mayall wurde am 29. November 1933 in einem kleinen Ort in der Nähe von Manchester geboren. Schon als Junge war er vom Blues fasziniert. John ist ein Autodidakt. Als er 13 war, lehrte er sich selbst, Gitarre und Piano zu spielen. Nach Beendigung seiner Schulzeit arbeitete er als Dekorateur. Etwa zwei Jahre später meldete er sich als Freiwilliger bei der Englischen Armee und wurde nach Korea geschickt. Dort entstand die Basis für seine spätere Karriere als Bluesmusiker. Während eines kurzen Aufenthaltes in Japan kaufte er sich eine Gitarre, die dann viele Jahre lang seine ständige Begleiterin war. 1955 hängte er die Uniform endgültig an den Nagel und begann ein vierjähriges Studium als Grafiker. Dieses Studium kommt ihm noch heute zugute, denn für die Entwürfe seiner Plattenhüllen zeichnet Mayall selbst verantwortlich. Während des Studiums sah er sich gezwungen, nebenbei noch etwas Geld zu verdienen. Aus purer Notwendigkeit gründete er deshalb zusammen mit ein paar Freunden die Gruppe „Powerhouse Four“. Eine Gruppe, die für ein paar Mark am Abend zum Tanz aufspielte.
Gitarristen mit Wanderkarten
Inzwischen schrieb man das Jahr 1963. Alexis Korner hörte eines Tages zufällig die Gruppe „Blues Syndicate“, deren Leiter John Mayall war. Alexis Korner war in dieser Zeit gerade im Begriff, dem Londoner Clubpublikum den Blues nahezubringen. Man sollte endlich einsehen, dass es auch noch etwas anderes gab, als den damals so populären Jazz. Durch Korner ermutigt, gründete Mayall die „Bluesbreakers“. Langsam aber sicher, begann diese Musikrichtung sich durchzusetzen, John Mayall gab seinen Job bei einer Werbeagentur auf, um sich ganz der Musik zu widmen. Während dieser Zeit engagierte er wahrscheinlich nur Gitarristen mit Wanderkarten, denn es war ein ständiges Kommen und Gehen bei den Bluesbreakers. Sie wurden in diesen Tagen so bekannt, dass sogar Leute wie Sonny Boy Williamson und John Lee Hooker sie baten, mit ihnen auf Tournee zu gehen. Von diesen Musikern hat John Mayall viel gelernt. 1964 nahmen die Bluesbreakers (Roger Dean-Gitarre, John McVie – Bass, Hughie Flint – Drums und Mayall) ihre erste LP mit dem Titel „Live At Klooks Kleek“ auf. Ein Jahr später schloss Eric Clapton, damals noch ein unbekannter Gitarrist, sich der Gruppe an. Jedoch war auch diese Zusammenarbeit nicht von langer Dauer, denn Clapton verliess schon 1966 die Bluesbreakers, um mit Jack Bruce und Ginger Baker „Cream“ zu formieren. John Mayall hatte schon in dieser Zeit einen besonderen Instinkt für Supertalente entwickelt. Er engagierte Peter Green und Aynsley Dunbar. Dunbar, heute Drummer der Mothers, stieg jedoch bald wieder aus und wurde von Mick Fleetwood ersetzt. Green, McVie und Fleetwood nahmen 1967 Abschied von den Bluesbreakers, um gemeinsam Fleetwood Mac zu gründen.
Immer ungeduldiger
Nach dieser Periode wird die Geschichte der Bluesbreakers etwas unübersichtlich. Mayall begann wieder einmal mit einer, für damalige Verhältnisse revolutionären Idee. Er fügte dem bisherigen Instrumentarium der Gruppe Blasinstrumente bei. Diese Funktion wurde Dick Heckstall-Smith zugeteilt. Ebenfalls neu im Mayall-Stall waren Keef Hartley (Drums), Mick Taylor (Gitarre) und Tony Reeves (Bass). Hartley gab nur ein kurzes Gastspiel, er ging bald wieder seiner Wege und für ihn drummte Jon Hiseman bei den Bluesbreakers weiter. Hiseman brachte den Trompeter /Violinisten Henry Lowther mit. 1968 Dessen Mayall alle seine Bluesbreakers im Stich und gründeten mit Ausnahme von Mick Taylor Colosseum. Taylor stieg für den verstorbenen Brian Jones bei den Rolling Stones ein. Eine Zeitlang stand Mayall allein. Gerüchte verkündeten, dass er sich ganz aus dem aktiven Musikleben zurückziehen wolle. Dennoch war niemand überrascht, als er schliesslich wieder einmal mit etwas Neuem in die Öffentlichkeit trat: Ein Quartett ohne Drummer, aber doch mit einer starken Rhythmus-Sektion. Der Akzent lag diesmal auf Gitarre und Bass; die Mitglieder der Gruppe waren John Mark (akustische Gitarre), Johnny Almond (Saxofon/Flöte) und Steve Thompson (Bass). Mit diesen Leuten nahm der „Meister“ die LP’s „Turning Point“ und „Empty Rooms“ auf. Aber im Juni 70 fiel auch diese Formation auseinander. Danach stellte Mayall sich mit einer Band vor, zu der ausschliesslich Amerikaner gehörten: Sugercane Harris (Ex-Zappa-Violinist), Larry Taylor (Bass) und Harvey Mandel (Gitarre), beide abkömmig von Canned Heat. In der Besetzung entstand die LP „USA Union“. Nachdem auch diese Gruppe geplatzt war, schien Mayall ungeduldig zu werden. Immer wieder neue Musiker kamen und gingen. Ab und zu trat er mit Musikern auf, die in dieser Zusammenstellung nur einen Abend lang existierten. Daneben war er ständig im Studio beschäftigt. Einer seiner Wünsche wurde realisiert: Zusammen mit seinen Ex-Kollegen Taylor, Clapton und Hartley nahm er die Doppel-LP mit dem sinnigen Titel „Back To The Roots“ auf. Auf seinem (bisher) letzten Album „Memories“ spielte unter anderem Jerry McGee (Ex-Ventures-Gitarrist) mit.
Wieder eine neue Gruppe
John Mayall ist sehr aktiv und mit Herz und Nieren Künstler. Deshalb wird es ihm immer ein Bedürfnis sein, aufzutreten. So hat er jetzt wieder eine Gruppe ins Leben gerufen. Diesmal sind es ein paar Prominente aus Amerikas Jazzwelt, denen die Ehre zuteil wurde: Richard „Blue“ Mitchell (Trompete), ein Mann der schon seit etwa 20 Jahren auf den Wegen des Jazz spazierengeht, Clifford Solomon (Tenorsaxofon), Ex-Leader der Ike & Tina Turner-Gesellschaft, Freddie Robinson (Gitarre), Larry Taylor (Bass), übriggeblieben von der alten Mayall-Drummer. Den deutschen Fans hat sich diese Formation, wie schon oben erwähnt, bereits vorigen Monat „live“ vorgestellt.