John Cale: Köln, Kantine


Ein Mann mit Bond spielt sich selbst und sein Lebenswerk bei kleinstmögticher Emphase Es gibt ja wenige geniale alte Säcke, die konsequent ihren Stiefel spielen. Bowie tut das nicht, weil er inzwischen zu aufgeräumt ist und zuviel moderne Popmusik hört, Neil Young versorgte zuletzt mit einer biederen Öko-Saga und bei Bob Dylan ist grundsätzlich nichts sicher. Bei John Cale aber weiß man, was man hat: keine Dramaturgie, keine Pop-Kosmetik, keine Botschaft, keine Oldie-Medleys. Und emphatisch nach vorne geht der Mann, der bei Velvet Underground die akustischen Splitterbomben legte, nie. Immerhin: Das Velvets-Trademark „Venus In Furs“ taucht im Konzert alsbald inmitten der Songs von Cales ordentlichem aktuellen Album hobo sapiens auf.

Popsongs hören sich anders an, für den Avantgardepreis fehlt hier aber die Ernsthaftigkeit. Und jeder denkt: Gott, ist halt Cale. Oder: Gott ist halt Cale. Natürlich ist das nicht das beste mögliche Cale-Konzert (dafür brauchte es noch zwei, drei Velvets-Klassiker und sein „Heartbreak Hotel“), aber der Besuch rechtfertigt heute den Künstler (nicht umgekehrt).

Von all den genialen alten Säcken ist Cale aber auch der, dessen Songs qualitativ extrem variieren immer schon. Das lässt er sein Publikum gnadenlos spüren. Einem Geniestreich wie „Close Watch“ (spartanisch zum Finale des Abends) stehen gleich drei Stücke der Art gegenüber, wie Cale sie auch schreibt: ungelenke Amalgamierungen aus Rock und Elektronik, von jener Rest-Melancholie aufgefangen, die er nicht mehr abstreifen kann. Bei „Fear (Is A Man’s Best Friend)“, dem zweiten Wunderwerk aus den frühen 70ern, fehlt der Bass, der im Refrain hochgehen muss. Das Timing ist auch nicht ideal. Man muss schon arbeiten im Publikum, sich den Song richtig denken. Innerlich jubeln. Wenn man all den Jubel von innen in den Saal übertragen könnte, wäre es wohl ein tosender Abend. So bleibt es just another Cale.

John Cale wechselt geschäftsmäßig von den Keyboards zur akustischen Gitarre zur Viola, er müht sich manchmal sichtlich an den Epen, die er einst in Stein gehauen hat. Ein Mann spielt sich selbst, sein Lebenswerk und ist doch schon ein Stück weit aus all dem herausgetreten. Als wollte er sagen: Seht, das war der Cale. wie ihr in liebt, aber ich mache eigentlich schon seit längerem Ballettmusik.