Warum Christian Ulmen sich in „jerks.“ so derbe über Micky Beisenherz lustig macht – und wie der das findet
Teilt gerne aus und muss nun einstecken: In der achten Folge der dritten Staffel „jerks.“ nimmt Christian Ulmen sehr offensichtlich den Gagautor Micky Beisenherz auf die Schippe. Alles nur ein Scherz oder Ergebnis echter Abneigung? Wir haben nachgehört und nachgefragt.
Christian Ulmen und Fahri Yardim sind wieder da. Gut, sie waren nie weg. Ulmen drehte ein paar alberne „Tatort“-Filme, Yardim sorgte mit der deutschen Netflix-Produktion „Dogs of Berlin“ für Schlagzeilen (leider keine allzu positiven), beide machten Werbung für einen großen Telekommunikationsanbieter. Jetzt aber spielen sie wieder (eine überhöhte Version von) sich selbst: Seit 19. Juni läuft die dritte Staffel „jerks.“, nach Maxdome und ProSieben diesmal auf dem neuen, ebenfalls zur Pro7Sat1-Gruppe gehörenden werbefinanzierten Streamingdienst Joyn. Die ersten beiden Folgen versprachen bereits ein erneutes Fremdschämfest, die weiteren sechs hielten dieses Versprechen: Im weiteren Verlauf ging es etwa um klägliche Adoptionsversuche, in den Garten kackende Nachbarn, sterbende Eltern, rückfällig gewordene Alkoholiker, Urologen-Besuche mit Marcel Reif – und, sehr eindeutig, um Micky Beisenherz.
Die meisten von Euch dürften ihn mittlerweile kennen: Micky Beisenherz ist Gagautor („Dschungelcamp“, Atze Schröder usw.), Moderator („Kölner Treff“), Kolumnist (stern.de) und nicht zuletzt dank seiner Social-Media-Präsenz längst selbst ein Promi. Hans Hoff nannte ihn in einem Porträt in der Süddeutschen Zeitung den „Durchfummler“. Auch für den Musikexpress hat er schon geschrieben, zum Beispiel über ein Foo-Fighters-Konzert in Hamburg.
In der achten, seit Dienstag verfügbaren Folge spielt Beisenherz nun nicht selbst mit, aber eine sehr zentrale Rolle: Ulmen und Yardim würden gerne mal Fallschirmspringen. Ihrer PR-Beraterin fällt ein, dass dies ein Hobby ihres neuen Agentur-Kunden wäre: Cookie Eisermann. „Dieser Quatschautor, och nö“ (Yardim), „der macht mich aggressiv“ (Ulmen). Die Referenz ist eindeutig, Ulmen und Yardim haben plötzlich keinen Bock mehr: Beide können den Kerl nicht leiden, sagen sie.
Noch lustiger (und gemeiner) wird es, als sie sich gezwungenermaßen doch mit Eisermann treffen. Wer Beisenherz durch eines seiner zahlreichen TV-Formate, seine Instagram-Storys oder seine Facebook-Kommentare kennt, ahnt schnell, wie gut Schauspieler Matthias Weidenhöfer ihn imitiert: Wie er da mit Jeansjacke, Sonnenbrille und Smartphone in seinem Oldtimer sitzt und mit seiner Mischung aus echtem und gespieltem Ruhrpott-Dialekt noch fix einen Witz für seine Follower in die Kamera spricht, wie er sich im weiteren Verlauf für keine noch so flache Pointe zu schade ist und wie er keinen Hehl daraus macht, seinen Oberkörper zu trainieren – all das kommt dem Original schon recht nahe, möchte man meinen. Nur der Bart erinnert zu sehr an Michael Wendler (und damit an einen von etlichen Prominenten, die Beisenherz selbst gerne verhöhnt).
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Die bittere Ironie in dieser Folge „jerks.“ ist die, dass diese zur Schau gestellte Abneigung nicht aufgelöst wird. Während andere Promis in „jerks.“ Cameo-Auftritte kriegen und sich selbst spielen, wird Beisenherz als jemand dargestellt, der weiß, dass er „zum Kotzen“ sei und dass er außer Gags und Muckibude nichts könne. Auch wenn es sich bei Ulmen und Beisenherz um zwei Medienprofis handelt, die wissen, was Ironie, Parodie und Satire bedeuten, zwingt sich hier die Frage auf: Alles nur ein Scherz oder das Ergebnis echter Animositäten? Schließlich heißt es zu Beginn jeder „jerks.“-Folge, dass die geschilderten Ereignisse auf wahren Begebenheit beruhten – ein Hinweis, den eigentlich eh keiner glaubt.
Christian Ulmen: „Die Nummer ist größer geworden als sie werden sollte“
Im Podcast „Hotel Matze“ von Matze Hielscher („Mit Vergnügen“, Ex-Virginia-Jetzt!) war Christian Ulmen zu Gast und wurde auf diesen mutmaßlichen und laut Hielscher „unverhältnismäßigen“ Beef angesprochen. Er erklärt: „Die Nummer ist größer geworden als sie werden sollte. Bei „jerks.“ verhandeln wir keine Allgemeinplätze. Es geht um seltsame Alltagsbegegnungen, die man nicht so auf dem Schirm hat und um die dritten und vierten Gedanken, nicht um die ersten. Unsere Antipathie muss nicht von allen nachvollzogen werden. Zumal das Konzept bei „jerks.“ ja vorsieht, dass die beiden Protagonisten immer die Idioten sind. Wir finden nicht stellvertretend für den Zuschauer etwas doof, von dem wir uns vorstellen, dass es alle doof finden. Nein, wir sind die Idioten, die den doof finden, den Ihr alle gut findet.“ Später führt Ulmen aus: Wirklich alle Menschen aus seinem Umfeld, die Beisenherz persönlich kennen, hätten ihm berichtet, was für ein netter Kerl er wäre.
Entstanden sei die Folge dadurch, dass eine Figur kreiert werden sollte, die Ulmen und Yardim doof finden. Ulmen habe mal eine Humordebatte auf Facebook verfolgt, in der es um die Verantwortung bei der Auswahl von Witzen ginge – Aufhänger war ein Gag über den Altersunterschied von Heidi Klum und Tom Kaulitz – und Beisenherz sie sinngemäß mit der Behauptung beendet habe, dass Autoren halt Witze machten, das sei nunmal ihr Job, und „ob ich jetzt die Karawane, die hier medial an uns vorbeizieht, kommentiere oder nicht, ist doch egal“. Dieser Satz habe Ulmen lange beschäftigt. „Welches Motiv beflügelt dich sonst? Niemand macht etwas so leidenschaftlich und sagt gleichzeitig, es sei ihm egal. Sein Motiv könnte also sein, sich selbst ins Gespräch zu bringen.“ So sei aus diesem einen Satz, mit dem man Micky Beisenherz sicher unrecht tue, ihn darauf zu reduzieren, die Figur erwachsen, die die Öffentlichkeit aus der Idee heraus suche, berühmt werden zu wollen. Eine Figur, „die im Endeffekt ein bisschen zu nah an ihrer Inspiration ist“. Zumal es solche Figuren in unserer Medienwelt ja oft gebe, die ihren Job machten, um gesehen zu werden.
Die komplette Beisenherz-Passage kommt bei Stunde 1, Minute 12:
Warum Ulmen Beisenherz nicht sich selbst habe spielen lassen und wie er damit umgeht, jemanden möglicherweise sehr verletzt zu haben, hat Hielscher seinen Podcast-Gast auch gefragt. Ulmens Antwort:
„Wir wollten ihn nicht einladen, weil wir ihn nicht nett finden wollten! (lacht) Ich habe ihn im Vorfeld über die Folge informiert. Ich erachtete es als einen Akt von Freundlichkeit, ihn zu warnen, dass wir eine Persiflage gemacht haben. Aus dem Podcast, den Micky Beisenherz mit Oliver Polak macht, habe ich aber erfahren, dass das uncool ist. Polak habe mal von Henryk M. Broder gelernt: Wenn man jemanden doof findet und verreißt, muss man ihn auch ignorieren. Mich davor zu schützen, Mitleid mit ihm zu haben, weil ich ihn eventuell verletzt hätte, fällt mir hier deshalb leicht, weil Beisenherz jemand ist, der selbst die ganze Zeit austeilt. Der ständig auch andere verletzt. Der davon lebt, Witze auf Kosten anderer zu machen. Wenn du das tust, musst du auch einstecken können. Ich musste das in der Vergangenheit ja selbst über mich lernen: Wer andere in die Pfanne haut, muss sich auch selbst in die Pfanne hauen lassen.“
Nun: Wir haben Micky Beisenherz um eine Stellungnahme gebeten. Er nimmt es sportlich und scheint sich mit Ulmen im Grunde einig zu sein. Seine Antwort auf die Frage, wie ihm „sein“ Auftritt in „jerks.“ gefällt:
„Ich hab’s nur auszugshalber gesehen, weil ich irgendwo bei Instagram getaggt wurde, aber grundsätzlich gilt: Jeder, der zur Parodie taugt, sollte auch verarscht werden. Allerdings: Ein roter (!) Jaguar (?!) – das hat mich entsetzt!“
„jerks.“, Staffel 3, Folgen 1 und 8 auf Joyn.de im Stream verfügbar, zwei weitere neue Folgen erscheinen nächsten Dienstag. Auch die erste und zweite „jerks.“-Staffel stehen als Teil der Mediathek zur Verfügung.